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Zwischen Nachrichten, Memes und Verschwörungstheorien

Wie die Pandemie unsere Social-Media-Nutzung verändert hat

Von Chiara Pas

Im März und April 2020 waren wir alle zu Hause – Lockdown, Homeoffice, Semester verschoben. Also was tun in dieser Zeit, mit der wir alle nicht gerechnet haben? Diese Frage hat sicherlich jede*r anders für sich beantwortet, klar ist aber auch: Viele von uns hingen in dieser Zeit vermehrt vorm Bildschirm.

Neben den Streaming-Diensten, Videospielen und dem klassischen Fernsehen verzeichneten auch die sozialen Medien in dieser Zeit einen starken Anstieg in der Nutzung. Das berichtet eine repräsentative Studie des Bitkom-Digitalverbandes. Dabei verbrachten die Menschen ihre Zeit im März und April nicht nur mit TikTok-Videos oder Tutorials, sie nutzten die sozialen Medien vermehrt, um sich über das aktuelle Weltgeschehen zu informieren.

Social Media wird als Nachrichtenquelle immer beliebter

Generell – auch ohne Pandemie – nutzen immer mehr Menschen Social Media als Nachrichtenquelle. Zwar können die Online-Plattformen noch nicht mit der in Deutschland am häufigsten genutzten Nachrichtenquelle – dem Fernsehen – mithalten, dennoch wird ihre Bedeutung für den Nachrichtenkonsum immer größer. Und in der Coronakrise hat diese Entwicklung noch einmal Fahrt aufgenommen.

Dies berichtet der Reuters Institute Digital News Report 2020, der die Nachrichtennutzung in verschiedenen Ländern weltweit vergleicht. Der aktuelle Bericht, der auch den Nachrichtenkonsum in den ersten Monaten der Pandemie miteinschließt, wurde Mitte Juni 2020 veröffentlicht. Die Ergebnisse für Deutschland hat unter anderem das Leibniz-Institut für Medienforschung aus Hamburg aufbereitet.

Darin heißt es, dass die sozialen Medien immer mehr an Bedeutung gewinnen: 37 Prozent der Befragten nutzten Social Media für den Nachrichtenkonsum, im Jahr davor waren es 34 Prozent. Dieser Anstieg sei auffällig, sagen die Forscher*innen.

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Die am häufigsten genutzte Plattform für Nachrichten ist dabei immer noch Facebook: 22 Prozent der Befragten verfolgen die News auf der Plattform, danach folgen WhatsApp (16 Prozent) und YouTube (14 Prozent). Jedoch verliert Facebook nach und nach an Bedeutung: In dem Bericht wird deutlich, dass Facebook bei den jüngeren User*innen zwischen 18 und 24 Jahren nicht mehr so beliebt ist. Sie nutzen hauptsächlich YouTube (24 Prozent der Befragten sehen dort regelmäßig Nachrichten) und Instagram (20 Prozent) als Nachrichtenquelle. Je jünger die Nutzer*innen, desto weniger beliebt ist der Studie zufolge Facebook und desto mehr Bedeutung bekommen Instagram und YouTube.

Vor der Pandemie haben die Menschen laut Bericht schon verstärkt die sozialen Medien als Nachrichtenquelle genutzt. Während des Lockdowns stiegen diese Zahlen dann noch einmal an. 39 Prozent der Nutzer*innen informierten sich auf den verschiedenen Plattformen über den Verlauf der Covid-19-Pandemie. Und: Je jünger die Altersgruppe, desto mehr User*innen nutzten Social Media, um sich zu informieren (72 Prozent bei den 18- bis 24-Jährigen, 63 Prozent bei den 25- bis 34-Jährigen). Instagram und YouTube sind bei den jüngeren Nutzer*innen auch beim Thema Corona hoch im Kurs.

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Generell verzeichneten die sozialen Medien, etablierte Nachrichtenanbieter im Internet und das Fernsehen in diesem Zeitraum einen Zuwachs, während Nachrichten nicht mehr so oft über das Radio oder im Print verfolgt wurden.

Dennoch wurden die sozialen Medien in der Hochphase der Pandemie nicht nur als Nachrichtenmedium genutzt, sie boten auch Ablenkung durch Unterhaltung.  Außerdem gaben sie den User*innen die Möglichkeit, digital in Kontakt zu bleiben. Auch Nachbarschaftshilfe wurde unter anderem über die verschiedenen Plattformen – zum Beispiel durch Facebook-Gruppen – organisiert.

Neue Dynamik dank Corona-Pandemie

Mit der Zeit der Pandemie haben sich verschiedene Aktionen entwickelt, die den Zusammenhalt in dieser schwierigen Phase betonen sollten, es entstanden Hashtags wie „#wirbleibenzuhause“, Menschen berichteten über Social Media aus ihrem Corona-Alltag und Künstler*innen gaben unter anderem per Livestream Konzerte aus ihrem Wohnzimmer.

Auf den sozialen Plattformen entwickelte sich während der Pandemie also eine ganz eigene Dynamik, die jedoch nicht immer so positiv war wie beim Thema Zusammenhalt. Zum Beispiel verbreiteten sich über Social Media zu dieser Zeit verstärkt Verschwörungstheorien über das Coronavirus – begleitet von einem Misstrauen gegenüber den Medien als Reaktion auf die Berichterstattung über die Pandemie. Außerdem entstand on- und offline eine verstärkt rassistische Stimmung gegenüber Menschen mit asiatischem Hintergrund, da das Virus in China entstanden ist. Daraufhin wurde in den sozialen Netzwerken der Hashtag „#ichbinkeinvirus“ bzw. „#jenesuispasunvirus“ etabliert, mit dem Betroffene auf diesen Missstand aufmerksam machten.

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Beispiel zu #jenesuispasunvirus, Quelle: Instagram @swraktuell

Dazu mischten sich Panik und Ratlosigkeit, Bilder von leeren Supermarktregalen und eine alles umfassende Unsicherheit bei den Nutzer*innen, die ihren Gefühlen in den Kommentarspalten Luft machten.

Doch wenn etwas im Internet zu einem großen Thema wird, dann dauert es nicht lange, bis die Memes dieses Thema erobern. Und so konnte man es auch in der Pandemie beobachten: Lustige Bilder oder humorvolle Videos fand man zum Lockdown überall.

Das Coronavirus hat unsere Social-Media-Nutzung in dieser Zeit also verstärkt und in verschiedene Richtungen beeinflusst. Ob diese sich nach dem Lockdown wieder auf das vorherige Niveau einpendelt und ob das Thema Corona unseren Nachrichtenkonsum und generell die Art und Weise, wie wir soziale Medien nutzen, nachhaltig verändern wird, bleibt allerdings noch offen.

[Beitragsbild: Für den Nachrichtenkonsum werden die sozialen Medien gerade bei jüngeren Nutzer*innen immer wichtiger. Die Corona-Pandemie hat diesen Trend nochmal verstärkt. Foto: Tracy Le Blanc/Pexels]

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