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Vielleicht lieber heute (Teil 24): Lokaler Honig aus der Altstadt

Kaum ein Insekt hat in den letzten Jahren so viel mediale Aufmerksamkeit erfahren wie die Honigbiene. Regina und Lukas, zwei HobyimkerInnen aus der Altstadt, erklären mir im Gespräch, warum es keinen Bonner Kirschblüten-Honig gibt und was wir selbst für die populären Insekten tun können.

von Nadine Thomas

MB: Die einen gehen laufen, die anderen schauen gerne Serien auf Netflix – Imkern ist da schon eher ein außergewöhnliches Hobby. Wie seid ihr dazu gekommen?

Lukas: Ein Freund von Regina hat einen Imkerkurs gemacht und sehr begeistert davon erzählt. Letztes Jahr hat der Zeitpunkt gepasst, da wir nun länger an einem Ort sind. Regina hat dann den Kurs beim Imkerverein in Bad Godesberg gemacht und ich hab gesehen, dass die Uni Bonn auch einen Imkerkurs anbietet. Die Kurse haben uns beiden so viel Spaß gemacht, dass wir im Anschluss daran die Möglichkeit genutzt haben, über die Uni Bonn ein Bienenvolk zu bekommen. So haben wir dann letzten Sommer im Juni unser erstes Bienenvolk bei der Uni im Melbtal abgeholt.

MB: Könnt ihr einmal ganz kurz erklären, welche Schritte man vom ersten Bienenvolk zum ersten eigenen Honig durchläuft?

Die Honigbienen bei der Arbeit.
Die Honigbienen bei der Arbeit.
Foto: Bienenkollektiv

Lukas: Wenn man ein neues, junges Bienenvolk bekommt, ist das noch recht klein. Daher ist das Bienenvolk im ersten Jahr damit beschäftigt, zu wachsen. Wir müssen dabei aufpassen, dass die Bienen keine Krankheiten bekommen bzw. sie dagegen zu behandeln und dass sie genug Futter haben, bis zu dem Zeitpunkt wo sie selbst Futter finden. Wenn die ersten Blüten zu blühen beginnen, das ist im März, fangen die Bienen an, Nektar und Pollen zu sammeln. Irgendwann gibt es einen Punkt, an dem die Bienen mehr Nektar sammeln als sie selbst brauchen, es entsteht also ein Überschuss, den die Bienen in Form von Honig in den Waben einlagern. Davon können wir einen Teil ernten.

MB: Ihr imkert in der Stadt, eure Bienenvölker stehen auf dem Gelände der LVR Klinik in der Bonner Altstadt. Gibt es Besonderheiten, auf die man achten muss, wenn man in der Stadt imkert im Vergleich zum Land?

Regina: Für uns war es in Bonn zunächst schwierig einen Standort für die Bienenvölker zu finden, da wir selbst keinen Garten haben. Durch die Hilfe von Freunden und Bekannten haben wir dann aber glücklicherweise einen guten Standort gefunden. In der Stadt hast du den Vorteil, dass du fast das ganze Jahr über irgendwelche Trachtquellen hast, von denen die Bienen Nektar und/oder Pollen sammeln können. Es gibt fast immer irgendwelche Blüten, die blühen. Wenn du Bienenvölker in ländlichen Gegenden stehen hast, hast du häufig nur Monokulturen, also nur Raps oder nur Linde. In der Stadt hast du viel mehr unterschiedliche Trachtquellen. Für die Bienen ist Vielfalt eigentlich besser. Ein weiterer Vorteil in der Stadt ist – das mag jetzt paradox klingen – dass du weniger Pestizide hast. Viele Landwirte spritzen immer noch Insektengifte auf ihre Kulturen. Diese Pestizide führen nicht nur dazu, dass Beikräuter abgetötet werden, sondern auch ein Teil der Bienen. Hast du deine Bienen in ländlichen Gegenden stehen, musst du dich mit den Landwirten absprechen, wie und wann sie ihre Kulturen spritzen.

MB: Die Art des Honigs ist also abhängig von den Blumen, die in der Umgebung des Bienenstocks blühen. Was blüht hier denn so?

Regina: Genau, die Art des Honigs wird von den in der Gegend vorherrschenden Trachtquellen bestimmt. Generell unterscheidet man zwischen Blütenhonig und Waldhonig. Blütenhonig ist der Honig, der aus Nektar von Blüten entsteht. Der Honig, den wir haben, ist also überwiegend Blütenhonig. Es gibt einmal die Frühtracht, mit viel Obstblüte und auch Rosskastanie. Und dann gibt es noch die Spättracht, die dieses Jahr von Mai bis Ende Juni war. Hier in der Umgebung sind das dann vor allem Linde, Robinie, Holunder und Brombeere. Wir schauen was blüht und es gibt dann Anhaltspunkte dafür, ob und wie viel Nektar oder Pollen eine Tracht gibt.

Regina vom Bienenkollektiv mit den Bienen.
Regina vom Bienenkollektiv mit den Bienen.
Foto: Bienenkollektiv

MB: Die Altstadt ist für ihre Kirschblüte im Frühjahr bekannt. Auf eurem Honig ist die Zierkirsche als Trachtquelle jedoch nicht erwähnt. Woran liegt das?

Regina: In der Altstadt gibt es unterschiedliche Zierkirschenarten, die unterschiedlich früh oder spät blühen. Die sind aber alle von ihren Blütenständen so gezüchtet, dass die Bienen da gar nicht herankommen. Oder sie geben weder Nektar noch Pollen. Damit ist die Zierkirsche völlig unattraktiv für die Bienen. Einige Kirschbäume die Nektar und somit Honig geben, gibt es in der Umgebung aber doch.

MB: Was können wir als Anwohner*innen für die Bienen tun? Hilft es zum Beispiel, wenn ich eine dieser bienenfreundlichen Blumenmischungen aussäe?

Lukas: Mit dem Aussäen von bienenfreundlichen Blumenmischungen tust du den Honigbienen auf jeden Fall etwas Gutes. Viel wichtiger ist es allerdings, dass du auch den Wildbienen etwas Gutes tust. Das sind alle anderen Arten von Bienen. Wildbienen sterben nicht, weil es nicht mehr genug Futter gibt, sondern weil ihnen der Platz zum Wohnen fehlt. Gerade in Städten, wo viel zubetoniert ist.

Regina: Genau, den Wildbienen fehlt der Lebensraum.

Lukas: Das heißt, viel besser als Blumensäen – was natürlich auch super ist – ist es, Lebensraum für die Wildbienen zu schaffen. Das können in Städten Sträucher, unverputzte Mauern oder aber auch Bienenhotels sein. Da gibt es verschiedenen Techniken. Oder wenn du einen Garten hast, einen alten Baumstamm einfach liegen lassen, das ist ja nicht nur für die Wildbienen gut, sondern auch für andere Insekten. Also wenn du einen Garten hast, lass‘ ihn so natürlich wie möglich.

MB: Das heißt, es gibt genug Futter, aber nicht genug Lebensraum.

Regina: Wobei es teilweise schon auch Nahrungskonkurrenz gibt. In Köln ist die Imkerdichte z.B. recht hoch, da konkurrieren die Bienen potentiell auch untereinander um Futter.

MB: Nun scheint Imkern auch ein sehr zeitintensives Hobby zu sein. Was gibt euch die Energie, da so viel Zeit und Mühe hineinzustecken?

Auch die Etiketten haben Regina und Lukas selbst designed.
Foto: Bienenkollektiv

Regina: Bei mir sind das glaube ich zwei Sachen. Oder drei. Die erste Sache ist, dass ich es schön finde, den ganzen Jahreszeitenverlauf mitzubekommen. Also viel bewusster dafür zu sein, wann wo was blüht. Und auch der Umwelt gegenüber aufmerksamer zu sein. Dann macht es mir Spaß, ein Lebensmittel selbst herzustellen. Klar stellen die Bienen den Honig her, aber wir schleudern ihn dann und füllen den Honig ab. Und dann hast du ja nicht nur den Honig, sondern auch noch Wachs, das du weiterverarbeiten kannst. Oder Propolis. Drittens finde ich es schön, dass wir zusammen Imkern. Klar ist es zeitintensiv, aber alleine wäre es noch mal viel mehr Arbeit! Ich habe ja alleine angefangen und Lukas ist dann eingestiegen und da bin ich froh, dass er da jetzt mitmacht!

Lukas: Über die Bienen bekommt man die Veränderungen der Natur viel besser mit. Und das Handwerkliche ist cool, Imkern hat viele Aspekte. Einmal die Arbeit mit den Bienen, aber dann musst du dich auch um das Equipment kümmern, den Honig abfüllen, die Etiketten designen… es ist einfach sehr vielseitig. Was ich auch noch spannend finde ist, dass Bienen sehr beliebt sind und wir dadurch vielen anderen Leuten etwas Zugang dazu geben können, sie quasi sensibilisieren können. Natürlich nur im kleinen Rahmen, aber wir wollen das schon ein bisschen weitergeben.

Regina: Ja, wir hatten jetzt auch schon Leute vom Referat für Ökologie des AStAs mit bei den Bienen, oder manchmal nehmen wir auch Freunde mit, die sich dafür interessieren.

Lukas: Dafür haben wir auch unser Instagram-Profil. Damit die Leute nicht nur den Honig sehen und essen, sondern auch die Prozesse dahinter kennenlernen können.

MB: Was tut ihr, um nachhaltig zu imkern?

Lukas: Da ist natürlich die Frage, was nachhaltiges Imkern bedeutet. Wir versuchen so zu imkern, dass wir der Natur nicht mehr entnehmen, als es gut für sie ist. Wir machen es nicht extensiv und wir lassen uns Zeit. Man kann Bienen auch so halten, dass man möglichst viel Honig gewinnt. Bei uns ist es aber so, dass wir schauen, dass die Bienen gesund sind und immer genug Futter haben. Wir entnehmen nur so viel Honig, wie wir eben können, um den Bienen nicht zu schaden. Und dadurch, dass wir nur 3 Völker haben und nicht 30 würde ich schon sagen, dass das nachhaltig ist.

Regina: Wir transportieren auch alles so gut es geht mit dem Fahrrad oder dem Lastenrad. Nachhaltigkeit hat so viele Dimensionen. Und was heißt nachhaltiges Imkern? Da steckt ziemlich viel dahinter, da steckt auch Tierschutz dahinter. Wie behandelst du die Bienen? Manche schneiden den Königinnen die Flügel ab. Und unser Honig ist regional. Regionalität ist ja auch ein Aspekt von Nachhaltigkeit. Ich brauche keinen Manuka-Honig aus Australien oder Lavendel-Honig aus Südfrankreich.

MB: Was ratet ihr Leuten, die sich für das Imkern interessieren? Habt ihr irgendwelche Tipps?

Regina: Ich würde den Leuten auf alle Fälle raten einen professionellen Kurs zu machen, bevor sie sich Bienen zulegen Professionell heißt bei einem Imkerverein, am besten der Imkerverein in der Gegend. Die bieten Kurse an, auf Grund der aktuellen Situation teilweise auch online. Die sind nicht teuer, das dauert ein halbes Jahr und man zahlt für Theorie und Praxis zwischen 100 und 120€.

Lukas: Dass man die Begleitung hat von einem Imker, der das schon lange macht, ist das Wichtigste, finde ich.

Regina: Ja, dass man eine gute Ausbildung bekommt und sich nicht auf irgendwelche YouTube-Videos stützt von Laienimkern. Denn das sind Tiere, mit denen man da umgeht. Ob das dann der Imkerverein ist oder die Uni Bonn oder eine andere Universität ist dann egal. Aber solche Angebote sollte man auf jeden Fall nutzen. Gut ist es natürlich, wenn du Mitglied wirst in so einem Imkerverein, dann bist du auch direkt in einem Netzwerk drinnen, bekommst aktuelle Entwicklungen mit, die haben auch einen Schleuderraum. Es gibt Imkerpaten, d.h. wenn du neu bist dann wird dir einer zugewiesen, du kannst Fragen stellen. Man ist da also gut aufgehoben. Das wäre mein Tipp an Leute, die Interesse haben.

MB: Vielen Dank für das Gespräch!

Ihr habt Interesse? Einmal im Monat verkaufen Regina & Lukas ihren lokalen Honig auf dem Stadt-Land.Markt am Frankenbad. Am besten ihr folgt den beiden auf Instagram unter bienenkollektiv.

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