Aktuelles Alltag Studentenleben

Vielleicht lieber heute (Teil 20): Betreibt Ikea Greenwashing?

Ikea ist wohl eines der beliebtesten Möbelhäuser Deutschlands, vor allem unter Studenten. Warum? Es ist trotz großer Auswahl vergleichsweise günstig. Doch was sagt das über die Produkte und ihre Herstellung aus? Wie nachhaltig ist Ikea eigentlich?

Von Nadja Hochholz

Da ich demnächst umziehen werde, hatte ich beschlossen mal bei Ikea vorbei zu fahren. Ich wollte etwas Inspiration sammeln und mich einfach einmal umschauen. In dem Moment ist mir erst aufgefallen, wie selbstverständlich es ist, sich bei der Suche nach Einrichtungen an Ikea zu wenden. Daraufhin stellte ich mir dann die Frage, wie nachhaltig Ikea eigentlich ist. Um Informationen zur Nachhaltigkeit Ikeas zu finden, muss man nicht sehr lange suchen. Ikea hat sogar einen eigenen Unternehmensblog, auf welchem unterschiedliche Themen wie Nachhaltigkeit besprochen werden.

Im Jahre 2017 wurde in Düsseldorf der Deutsche Nachhaltigkeitspreis verliehen. Dort stand Ikea unter den Top 3 für den Preis “Ressourceneffizienz”. In der Jurybegründung hieß es, dass Ikea als global operierendes Unternehmen in der besonders ressourcenintensiven Möbelbranche nicht nur große Verantwortung bezüglich der gesamten Wertschöpfungskette, sondern auch einen enormen Hebel in puncto Ressourceneffizienz habe.

design-1162241_1920Die Investition in Nachhaltigkeit hebt Ikea auf ihrem Blog sehr stark hervor. Sie schreiben: “Wir testen regelmäßig neue Materialien aus oder verbessern unsere Produkte solange, bis sie noch weniger Wasser und Energie verbrauchen” – und man kann die bereits nachhaltig hergestellten Produkte dort einsehen. Mit ihrer People and Planet Strategy definierte Ikea Ziele für soziales Engagement und Umweltschutz. Ihr Modell hat dabei 3 Grundbausteine: gesundes und nachhaltiges Wohnen, Klima-positiv, und fair und gerecht. Was bedeutet das?

Als Unternehmen investiert Ikea in Windkraft und Solarstrom, welcher den größten Bedarf an Stromverbrauch deckt. Soziale Projekte zur Integration von benachteiligten Gruppen gehören ebenfalls auf die Agenda. Unter Klima-positivität versteht Ikea den Fokus auf Ressourceneffizienz. An ihrem Wasserverbrauch arbeiten sie noch, haben es jedoch bereits geschafft, dass all ihre Wolle und Fisch (für ihre Restaurants) aus nachhaltigen Quellen kommen. Den Großteil ihrer Wolle beziehen sie von der Better Cotton Initiative, auf welche ich später genauer eingehen werde. Ihren Fisch beziehen sie aus dem Aquaculture Stewardship Council (ASC); dies ist eine breit abgestützte, unabhängige Organisation. Das Fisch-Gütesiegel ASC ist das Resultat aus einem Verhandlungsprozess mit einer Vielzahl von Teilnehmern und deshalb eine Kompromisslösung aller Interessengruppen. Viele negative Stimmen gibt es dort beispielsweise zum Einsatz von Fischmehl und -öl oder von gentechnisch veränderter Soja als Futtermittel. An Alternativen zu konventionellen Futtermitteln wird geforscht, doch noch nicht bei allen Fischarten gibt es Ersatzprodukte. WWF unterstützt diese Untersuchungen und hat sich mit ASC das Ziel einer nachhaltige Fischerei und einer verantwortungsvolle Aquakultur gesetzt.

Des Weiteren versucht Ikea ihre Holz-und Papierproduktion nachhaltiger zu gestalten. Bis 2020 wollen sie erreichen, dass Holz, Papier und Pappe nur noch aus Recycling oder FSC-verifizierten Wäldern stammen. FSC ist ein internationales Zertifizierungssystem für nachhaltigere Waldwirtschaft. Diese Wälder sollen also unter strengeren ökologischen und sozialen Prinzipien bewirtschaftet werden. Das soll dazu beitragen, Wälder langfristig erhalten zu können. Die Verwendung von Plastik soll ebenfalls reduziert werden. Und die dritte Säule, fair und gerecht, fokussiert sich auf Arbeitskonditionen. Ikea setzt sich für Kinderrechte ein und arbeitet daran generell ein inklusiveres Unternehmen zu werden. Dies definiert Ikea so:” Being inclusive is about both engaging with others in the work they do and inviting others to participate in our work”. Des Weiteren schreibt das Unternehmen:” We have the ability to directly support gender equality as well as rights and opportunities for elderly people, ethnic, LGBTQ+ communities and people with disabilities”. Solltet ihr genauere Informationen zu der People and Planet Strategy haben wollen, findet ihr hier einen Link.

Betrachtet man diese Punkte zusammengefasst, so ist eindeutig zu erkennen, dass Ikea mit Nachhaltigkeit wirbt. Sie stellen viele Ziele vor, doch was davon ist wirklich umgesetzt? Ist es nur eine Werbestrategie?

Für einen Nachhaltigkeitspreis nominiert und trotzdem in der Kritik? Viele Kritiker beschuldigen Ikea mit “Greenwashing”. Das bedeutet so viel wie, sich ein ökologisches Pseudo-Image zu verschaffen, so die Welt. Bereits 2011 hieß es, dass Ikea schützenswerte FSC-Wälder roden würde; oder zumindest ihreforest-4656863_1920 Tochterfirma Swedwood. Nachdem der Tochterfirma das Siegel entzogen wurde, verkaufte Ikea diese jedoch im Jahre 2015.  2017 gab es erneut einen Skandal in den Ikea verwickelt war. Durch illegale Holzrodung in Rumänien, drohte den letzten großen, unberührten Wäldern Europas große Gefahr. 2016 schrieb die Welt, dass Ikea versuchte große Flächen in Rumänien zu verkaufen – “auch Flächen, die im Zusammenhang mit Voruntersuchungen der Staatsanwaltschaft des Landes stehen. Es geht um Bestechung und Geldwäsche“. Diese Vorwürfe wurden von Ikea jedoch abgestritten. Als darauf hingewiesen wurde, dass die Forstbehörde 491 Hektar als “umstritten” bezeichnete, erwiderte Ikea, dass es sich bei dieser Formulierung lediglich um ein Kommentar handeln würde. Auch lässt sich in Frage stellen, wie nachhaltig es ist, an jedes Ikea-Mitglied einen Katalog zu verschicken – vor allem, da dieser auch online abrufbar ist. Ob aus recyceltem Papier oder nicht – es sind immer noch ca. 300 Seiten pro Katalog, auf wie viele Menschen? Plus die Kataloge, welche im Laden selber ausgelegt werden.

Auch die Baumwollproduktion ist umstritten. Denn zu 77% setzt Ikea dabei auf Baumwolle von der Better Cotton Initiative (BCI). Bei BCI handelt es sich dabei jedoch nicht um einen Bio-Landanbau, wodurch die Probleme des Pestizid- und Wassereinsatzes bestehen bleiben. Die Produzenten evaluieren die Einhaltung der Standards selbst, da die Prinzipien von BCI recht locker formuliert sind (ihr findet sie hier). Auch menschenunwürdige Arbeitsbedingungen werden von BCI nicht angegangen oder kontrolliert. Außerdem sollte es bei wirklich nachhaltiger Baumwolle natürlich auch um die Weiterverarbeitung gehen – also Spinnen, Weben, Nähen – und hier setzt IKEA leider keine Initiativen für Verbesserungen und mehr Arbeitssicherheit, so das österreichische Testmagazin Konsument.

broken-15463_1920Ist Ikea nun nachhaltig oder nicht?

Ich persönlich zweifel sehr stark an der Nachhaltigkeit Ikeas. Ich finde es sehr auffällig, dass wenn man “Ikea Nachhaltigkeit” googlet, kaum andere pro-Internetseiten und Artikel findet, außer die des Unternehmensblogs selber. Das kann auch an der Konstruktion von Google liegen oder Werbeanzeigen, ich bin da natürlich kein Experte. Nach einiger Recherche ist es jedoch bemerkenswert, wie viele Artikel es zu Ikea und Greenwashing gibt. Auf der anderen Seite denke ich jedoch auch, dass eine Nominierung für einen Nachhaltigkeitspreis auch nicht von Irgendwo her kommt. Was genau steht hinter dem Nachhaltigkeitspreis? Wenn man bedenkt, dass Unternehmen wie Volkswagen und Coca Cola “Partner” des Nachhaltigkeitspreises sind, lässt dies durchaus an der ‘Grünheit’ des Preises zweifeln. Coca-Cola ist nicht gerade für Nachhaltigkeit bekannt und über VW wisst ihr ja sicher Bescheid. Coke beispielsweise gehe beim Verhältnis von Getränkemenge zu recycelbarem Material in die falsche Richtung, so einige Experten. Thomas Fischer, Leiter für Kreislaufwirtschaft der DUH, kritisierte vor Allem die Einwegdosen: “Die Einweg-Dose ist an sich schon eine der umweltschädlichsten Getränkeverpackungen“.

Was denkst du? Ist Ikea nachhaltig? Und wenn nicht, wirst du dort nun nicht mehr einkaufen?

One thought on “Vielleicht lieber heute (Teil 20): Betreibt Ikea Greenwashing?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.