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Porto – Die Stadt, in der einfach alles schön ist

Was tun, wenn einem Mitten in der Klausurenphase die Decke auf den Kopf fällt? Genau, einfach mal einen Kurzurlaub einlegen! Die nordportugiesische Stadt Porto ist für einen Kurztrip bestens geeignet und bietet Entschleunigung pur. 

von Nadine Thomas

Es ist acht Uhr morgens, ich stehe an der Haltestelle Frankenbad/Kunstverein und warte auf den Bus. Neben mir stehen Menschen in Anzügen und Aktentasche unterm Arm. Ich kann es nicht verleugnen, es ist ein schönes Gefühl – andere fahren zur Arbeit, ich in den Urlaub.

Als ich aus dem Flugzeug steige, empfangen mich ein strahlend blauer Himmel und eine leichte Meeresbrise. Das prickelnde Gefühl von Freiheit überkommt mich und ich fühle mich vom ersten Moment an tiefenentspannt.

Die Metro bringt mich in 30 Minuten direkt vom Flughafen in die Innenstadt. Von dort sind es keine 5 Minuten zu Fuß ins Hostel. Die Dame am Empfang hat alle Zeit der Welt für mich und markiert mir die wichtigsten Punkte auf einer Karte. Sehr praktisch: alles ist fußläufig zu erreichen, das Metroticket kann ich mir sparen.

Ich suche mir ein Bett im Schlafsaal aus, sperre meinen Rucksack in den Spind und ziehe voller Tatendrang los in die Stadt. Ohne großes Ziel streune ich durch die engen Gassen und stoße dabei auf einige der bekanntesten Sehenswürdigkeiten. Den majestätischen Bahnhof São Bento; das Belle-Époque Café Majestic; Portos ältestes Gebäude, die und die Doppelkirche Igreja dos Carmelitas und do Carmo. Im Jardim da Cordoaria mache ich Mittagspause, mit frischem Obst, Käse und Baguette aus dem Supermarkt.

Bei meinem nachmittäglichen Strolch durch die verwinkelten Straßen fällt mir auf, dass in Porto einfach alles schön ist: die Verpackungen der Thunfischdosen im Supermarkt; das Packpapier, mit dem die VerkäuferInnen ihre Ware einpacken; sogar die Metrokarten sind ein eigenes Kunstwerk. In einer der zahlreichen wunderschönen Livrarias (Büchereien) kaufe ich mir einen Reiseführer. Kurz vor Sonnenuntergang mache ich auf dem Platz vor der Igreja de Sto Ildefonso Pause. Die Sonne scheint mir ins Gesicht, ich blättere in meinem Reiseführer und schaue den Tauben zu, die auf dem Boden nach Futter suchen.  Neben mir macht eine Frau halt und setzt sich zu mir. Eine Weile sitzen wir da, beide mit unseren Stadtkarten, geblendet von der Sonne. Dann fragt sie mich mit französischem Akzent nach dem Weg zum Café Majestic. Wir lachen uns kurz an, von Touristin zu Touristin, dann gehe ich weiter.

Abends beobachte ich den Sonnengang von der anderen Seite der Ponte Dom Luís I, welche Porto mit der

Nachbarstadt Vila Nova de Gaia verbindet. Im Jardim do Morro kommen alle Menschen zusammen, Mütter mit ihren Töchtern, Erasmus-StudentInnen, Familien mit ihren Kindern. Ein Straßenmusiker gibt Klassiker von den Beatles zum Besten. Ich sitze einfach nur da und bin voll und ganz zufrieden mit meinem Leben. Als es dunkel ist, kehre ich ins Hostel zurück, satt gesehen und hungrig. Beim Pastakochen lerne ich zwei andere Mädels kennen, eine Deutsche und eine Schwedin. Wir sind alle neu in Porto; abends gehen wir in den umliegenden Kneipen noch etwas trinken. Dort treffe ich, Überraschung, noch mehr Deutsche.

Am nächsten Tag mache ich mit zwei anderen Neuankömmlingen eine Free-Walking Tour. Unser Guide Cyril ist gebürtiger Franzose, lebt aber seit seinem zehnten Lebensjahr in Portugal. Ich lerne, dass Portugiesen gerne traurig sind (daher auch der Fado, ein sehr wehmütiger Musikstil) und dass J.K. Rowling einige Zeit in Porto als Englischlehrerin gearbeitet hat. Hier soll sie auch die Inspiration für Harry Potter bekommen haben. Die Ähnlichkeiten sind verblüffend – egal, ob die geschwungenen Treppen in der berühmten Livraria Lella, die Löwen am Fonte Leon oder die wallenden Roben der Studierenden vor der Universität. Man hat das Gefühl, in Hogwarts gelandet zu sein!

Zum Abschluss der Führung erhalten wir auf der Ponte Dom Luís I eine kurze Einführung in die Welt des Portweins. Die Location ist passend, denn von der Brücke hat man einen ungehinderten Blick auf die zahlreichen Portweinkeller auf der anderen Seite des Douros.

Am nächsten Tag spaziere ich mit den anderen deutschen Mädels und Tove, der Schwedin, an den Strand. Wir brauchen eine knappe Stunde, immer am Ufer des Douros entlang. Der Strand ist voll mit Seesternen und frühsaisonbedingt sehr leer. Typisch Atlantik ist das Wasser noch eiskalt im März, aber ein kurzes Anbaden muss sein! Weil es so schön war, gehe ich später gleich noch ein zweites Mal. Auf dem Rückweg gönnen wir uns noch ein Eis, bevor wir in die alte Tram steigen, die uns wieder in die Innenstadt bringt.

Abends verzichte ich auf eine der teuren Portweintouren am anderen Brückenufer und gehe dafür mit den Mädels in die Bar nebenan. Diese ist ein Volltreffer und zufällig auch noch die älteste Bar in ganz Porto. Wir bestellen alle fünf einen Portwein. Tove bekommt einen teureren Portwein zum gleichen Preis. Wir machen alles so, wie wir es am Tag zuvor gelernt haben: Glas im Uhrzeigersinn schwenken, Riechprobe und dann ein vorsichtiger Schluck. Mein Portwein schmeckt sehr fruchtig. Zum Vergleich verkoste ich auch Tove’s teurere Variante – ihr Wein schmeckt in der Tat ganz anders, deutlich würziger und ein bisschen wie Weihnachten.

Der Strand hat uns ganz schön geschafft, wir fallen alle todmüde in unsere Betten. Am nächsten Morgen ist Abschied angesagt – alle bis auf ich verlassen Porto heute, mir bleibt noch ein Tag. Das Wetter ist schön wie die anderen Tage zuvor auch, ich schnappe mir also meine Kamera und ziehe los. Ich entdecke den mercado do Bolhao, den Stadtmarkt, der leider gerade renoviert wird und daher temporär in einem Einkaufszentrum untergebracht ist. Pünktlich zu Mittag treffe ich auf den jardim do Lázaro, er wird zu meinem Lieblingspark in Porto. Ich bleibe fast zwei Stunden und genieße es, einfach meine Gedanken schweifen zu lassen und gar nichts zu tun.

Nachmittags wandere ich am Ufer entlang auf die andere Seite der Brücke. Ich bleibe nicht lange, es ist mir zu voll und zu touristisch. Ich schleiche meinen Weg durch die engen Gassen in die Oberstadt und entdecke eine Straße mit kleinen Galerien und Läden. Schließlich schaue ich mir auf Empfehlung den Sonnenuntergang einmal von der anderen Seite im jardim do Horto das Virtudes an. Das Publikum hier ist jünger und alternativer, der Sonnenuntergang atemberaubend wie immer. Persönlich hat mir der jardím de moreno jedoch besser gefallen.

Ich kehre zurück ins Hostel, in dem Nichts ist, wie es noch am Morgen war. Alle Betten sind neu belegt. Da ist Matt, ein Australier, der sich einen Lebenstraum erfüllt hat und jetzt für zwei Jahre durch Europa reist. Ashley, eine Amerikanerin, die gerade ERASMUS in Irland macht; und Mia aus Japan, die eine Freundin in Lissabon besucht hat. Zusammen streifen wir abends durch die urigen Bars und Kneipen von Porto. Alles ist voll, überall sind junge Menschen und ich denke mir, wenn ich noch einmal ERASMUS machen würde, dann hier!

Mein Flug am nächsten Tag geht entspannt zur Mittagszeit. Ich frühstücke noch gemeinsam mit Mia und einer Lettin, die in Abu Dhabi Jura studiert. Dann trennen sich unsere Wege – die beiden wollen die Stadt erkunden, auf mich wartet mein Flugzeug.

Auf dem Weg zur Metrostation kaufe ich noch eine Packung der süßen Puddingtörtchen pastéis de nata für die Lieben in der Heimat. Am Flughafen angekommen bewundere ich zum letzten Mal den Sinn fürs Schöne der Portugiesen. Der Aeroporto verfügt tatsächlich über eine kleine Gartenanlage mit Springbrunnen und Liegewiese zum Entspannen. Zufrieden lasse ich mich ins Gras fallen und tanke das letzte bisschen Sonne, bevor ich meine Rückreise nach Deutschland antrete.

Etwas wehmütig blicke ich eine Stunde später vom Flugzeug aus auf die Stadt hinunter, die immer kleiner und kleiner wird. Adéus, Porto!  Oder vielleicht eher até à próxima, denn das war sicherlich nicht mein letzter Besuch in dieser wunderschönen Stadt.

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