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Online Journalismus: Muss Information etwas kosten?

Es sind die ganz zentralen Fragen, die den Journalismus aktuell beschäftigen: Wie sieht die Zukunft aus? Ist Print noch zu retten? Vor allem: Muss Online-Journalismus etwas kosten – und sind Leser bereit, dafür zu zahlen? Zu dieser letzten Frage gibt es verschiedene Ansätze, wobei sich die BILD und die taz mit ihren Online-Angeboten besonders antagonistisch aufgestellt haben.

„Wir haben uns lange gestritten, ob man überhaupt für Online-Journalismus Geld verlangen kann. Viele sagten, Information will frei sein. Ich denke, Information soll gut sein, solide recherchiert. Das ist nicht umsonst zu haben.“ Das ist die klare Meinung von Arthur Sulzberger, Herausgeber der New York Times, zu der Frage, ob Information im Netz etwas kosten darf. Er äußert diese Anfang Mai in einem Interview mit der ZEIT und setzt damit ein deutliches Statement für die Nutzung von Bezahlschranken im Online-Journalismus.

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Die Absatzzahlen von Printmedien sinken stetig. Fotocredit: Roman Kraft, Unsplash

Solche sind inzwischen zum Alltag für jeden geworden, der journalistische Angebote im Internet nutzt. Doch Bezahlschranken und Paywalls sind nicht die einzige Möglichkeit, Online-Medien profitabel aufzustellen. So basiert das Online-Bezahlkonzept der taz etwa auf Freiwilligkeit, während das Online-Abo der BILD versucht Leser mit Angeboten anzuwerben, die über reinen Journalismus hinausgehen. Was die beiden Ansätze gemeinsam haben: Journalismus findet zunehmend im Netz statt und dementsprechend bedarf es neuer Konzepte der Finanzierung durch die Leser.

Bei BILD.de wird „verplust“

OLYMPUS DIGITAL CAMERAEin Online-Medium, bei dem das Bezahlschranken-System im Mittelpunkt steht, ist BILD.de. Das kostenpflichtige Abo BILDplus ist zentraler Baustein der Onlinepräsenz der Tageszeitung. So zentral, dass es sogar in den Sprachgebrauch der Redaktion eingeflossen ist: dort werden Artikel „verplust“, d.h. hinter die Bezahlschranke gelegt. Der Erfolg eines Artikels wird in der Redaktion vor allem daran gemessen, wie viele BILDplus-Abos durch ihn generiert wurden.

Um möglichst viele Leser von einem solchen Abo zu überzeugen, werden diese nicht nur mit journalistischer Arbeit und plakativen Headlines angeworben. Mit dem Abschluss eines Abos werden dem Kunden darüber hinaus exklusive Kundenvorteile versprochen, etwa Gewinnspiele, Reisen zu günstigen Sonderkonditionen oder Ticket-Vor-Vorverkäufe für Konzerte. Die zentrale Bestrebung bei der BILD: möglichst viele plus-Abos abzuschließen. Laut verlagsinternen Aussagen soll die Print-Ausgabe aber weiterhin das Aushängeschild der BILD bleiben.

Kontrastprogramm bei der taz

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Aktuell sind über 16.000 Leser Teil der „taz.zahl ich“-Community. Fotocredit: Merle Bonato

Einen vollkommen anderen Weg hat die taz mit ihrem Online-Angebot eingeschlagen, welches ab 2022 gänzlich die Print-Ausgabe der Tageszeitung ablösen soll. Seit 1995 werden alle Artikel kostenlos online gestellt, die Bezahlung erfolgt auf einer freiwilligen Basis mit der Option „taz.zahl ich“. Diese wurde 2011 geschaffen, um dem Leser die freie Entscheidung zu lassen, für welche Inhalte er bezahlt – etwa für das gesamte Online-Medium oder einzelne Artikel. Dabei kann ein beliebiger Betrag gezahlt werden, die kostenlose Nutzung aller Artikel bleibt aber weiterhin eine Option.

Konny Gellenbeck, Vorstandsmitglied der taz Panter Stiftung, sagt dazu: „Es beruht auf Freiwilligkeit. Das ist eine ganz andere Philosophie. Und darin unterscheiden wir uns.“ Unterschieden wird sich damit vor allem von der Nutzung von Bezahlschranken – wie etwa bei BILD.de. Laut Gellenbeck honorieren die Leser dieses auf Solidarität beruhende Modell und vor allem Leser der jüngeren Generationen würden angezogen.

Wer zahlt denn nun für Online-Journalismus?

So unterschiedlich die beiden Ansätze sind, für das jeweilige Medium scheinen sie gut zu funktionieren. Im Mai sind beispielsweise über 16.000 Leser Teil der „taz.zahl ich“-Community und zeigen: Der Vorwurf einer Gratismentalität im Netz kann nicht per se bestätigt werden. Die Frage, die sich hier aktuell stellt, ist jedoch eine andere: Wer zahlt tendenziell eher für die Nutzung von Online-Medienangeboten und sollte dementsprechend von Online-Medien angesprochen werden?

Laut einer Studie der Unternehmensberatung PwC zur Nutzung von Online-Medienangeboten aus dem vergangenen Jahr informiert sich jeder zweite Internetnutzer häufig auf Online-Angeboten von Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen. Bezahlmodellen stehen dabei vor allem die Jüngeren offen gegenüber: 39% der Befragten zwischen 18 und 29 Jahre haben schon im Internet für Inhalte von Online-Medien bezahlt, bei den Befragten zwischen 30 und 39 Jahren waren es immerhin noch 34%.+

Im Gegensatz dazu sind allerdings ganze 40% der Befragten nicht dazu bereit, für Online-Medien zu bezahlen. Die häufigsten beiden Gründe dafür: Den Nutzern sind die Informationen nicht wichtig genug, um dafür zu bezahlen und sie würden die Informationen an anderen Stellen gratis bekommen.

Was sind die Konsequenzen für Verlage?

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Vor allem jüngere Internetnutzer zahlen für Online-Journalismus. Fotocredit: LinkedIn Sales Navigator, Unsplash

Die Aussichten scheinen durchwachsen: Einerseits fällt es den jüngeren Generationen, die bereits für Musik- und Video- Streamingdienste bezahlen, auch leichter im Bereich der Online-Medien Geld auszugeben. Andererseits kann sich eine große Bevölkerungsgruppe noch immer grundsätzlich nicht vorstellen, für Journalismus im Netz zu zahlen.

Dadurch wird deutlich: Verlage müssen eine größere Menge zahlender Leser für ihre Online-Angebote gewinnen. Ob dies nun am besten durch Sonderkonditionen, wie bei BILD.de, oder auf einem Konzept der Freiwilligkeit à la taz funktioniert, ist sicherlich eine Frage des jeweiligen Mediums. Angesichts der wachsenden Zahlungsbereitschaft der jüngeren Generationen könnte die Zukunft des Online-Journalismus aber sicherlich düsterer aussehen.

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