Ob aus dem Landtag, der Parteizentrale oder vom Schreibtisch zu Hause – Alexander Brockmeier nimmt seine fast 7.000 Follower*innen überall mit. Auf Instagram erzählt der 28-jährige FDP-Politiker von seiner Arbeit als jüngster Abgeordneter im NRW-Landtag, erklärt das politische System und diskutiert mit den User*innen über seine politischen Ideen und Ansichten.
Von Chiara Pas
Seit 2017 arbeitet der Jurastudent im Landtag und dass Brockmeier seine Arbeit so offen auf Instagram teilt, ist auf der Plattform noch nicht so üblich. Zwar nutzen viele Politiker*innen die sozialen Medien schon länger, um ihre Inhalte zu verbreiten, sie findet man aktuell aber eher auf Twitter. Doch Twitter – das ist nichts für Brockmeier, er nutzt lieber Instagram, damit er auch die jungen Nutzer*innen erreichen kann. Im Interview hat er mit Chiara Pas über Politik auf Instagram, seine Nutzererfahrungen und seine Ziele gesprochen.
Warum hast du dich dazu entschieden, deine Arbeit und dein Leben auf Social Media zu teilen? Und warum gerade auf Instagram?
Alexander Brockmeier: Weil die jungen Menschen, die ich ansprechen möchte, auf diesen Plattformen unterwegs sind. Ich mache auch klassische Pressearbeit, aber ich glaube, dass man gerade die Leute unter 30 besonders gut in den sozialen Medien erreicht. Und sie bieten dazu einen anderen Austausch mit den Nutzerinnen und Nutzern. Normalerweise ist die Kommunikation in der Politik eher eine Einbahnstraße: Politiker veröffentlichen eine Pressemitteilung und die Leserinnen und Leser machen sich ihre Gedanken dazu, aber das direkte Feedback bekommt man nicht. Über die sozialen Medien besteht schon die Möglichkeit, niedrigschwellig in einen Austausch und in die Diskussion zu treten.
Welches Feedback bekommst du aus der Partei für deine Arbeit auf Social Media? Und was sagt deine Community?
Brockmeier: Das ist ganz spannend, denn du kannst es keinem wirklich recht machen. Mir folgen viele aus der Partei und sagen: „Alexander, was du da sagst ist ja selbstverständlich, warum machst du das nicht ein bisschen anspruchsvoller?“ Auf der anderen Seite: Die, die ich eigentlich erreichen will, sagen: „Ist ja nett, dass du über Inhalte sprichst, aber ein bisschen mehr Privates wäre auch ganz nett.“ -lacht- Man muss da unterschiedliche Zielgruppen bedienen und das ist gar nicht so leicht, man muss da viel ausprobieren.
Immer mehr Politiker*innen nutzen Social Media für ihre Inhalte. Siehst du da einen generellen Wandel in der politischen Kommunikation hin zu den sozialen Medien?
Brockmeier: Da machen sich unheimlich viele Leute Gedanken drüber. Mich fragen zum Beispiel auch Leute danach, ob ich Tipps für sie habe. Ich versuche sie dann zu animieren, das zu machen.
Der Unterschied ist aber, dass Politikerinnen und Politiker das nicht machen, um Influencer zu werden. Du gehst nicht in die Politik, um Social Media zu machen, denn man hat ja eigentlich schon einen Vollzeitjob. Das ist noch ein Prozess, aber ich glaube, dass sich das noch weiterentwickeln wird, denn eigentlich sind ja Politikerinnen und Politiker schon immer Influencer gewesen, weil du versuchst, deine Meinung anderen darzulegen, damit sie diese annehmen. Nur das Handwerkszeug war bisher ein anderes. Ich glaube, dass da jüngere Leute in der Politik einfach einen anderen Zugang haben und die sozialen Medien selbstverständlich nutzen.
Wie sollen Politiker*innen Social Media denn deiner Meinung nach nutzen?
Brockmeier: Erklären, was sie machen, weil das immer schwieriger und komplizierter nachzuvollziehen ist. Und zeigen, wer die Person dahinter ist, denn wir wollen alle mehr Menschen sehen.
Theoretisch bräuchte man als Politiker*in ja gar keine klassischen Medien mehr, alle können ihren Standpunkt selbst publizieren. Wie siehst du das? Wo siehst du Vor- und Nachteile?
Brockmeier: Der immense Vorteil für den Politiker ist, dass du deinen Inhalt so rüberbringen kannst, wie du willst. Da ist keine filternde oder wertende Instanz dazwischen. Gerade für Parteien, die nicht so im Fokus der Medienberichterstattung sind, ist Social Media außerdem eine gute Möglichkeit, um gehört zu werden.
Aber auf der anderen Seite – und das merken wir ja alle zum Beispiel bei der AfD – kann das auch eine Gefahr sein. Manche Menschen leben dann nur noch in Filterblasen und bekommen gar nicht mehr die kritische Gegenseite zu hören – das ist gefährlich und nicht förderlich für den Diskurs.
Es kann aber auch bei den etablierten Parteien problematisch werden: Zum Beispiel hat Andreas Scheuer als Statement zum Maut-Skandal ein YouTube-Video gemacht und sich nicht vor die Presse gestellt. Er hat dabei große Transparenz versprochen, nur kann keiner kritische Nachfragen stellen und er kann das so für sich drehen, wie er möchte.
Das sind auf der einen Seite die Gefahren, auf der anderen Seite glaube ich aber auch, dass die Chancen größer sind, weil man mithilfe von Social Media viel mehr Leute erreichen kann, die eben nicht um 20 Uhr die Tagesschau gucken.
Auf Instagram trittst du immer sehr persönlich auf, sodass die Partei da oftmals in den Hintergrund rückt. Warum machst du das? Und könnte das auch ein Problem sein?
Brockmeier: Die Menschen interessieren sich immer mehr für die Person, die sich politisch einsetzt, als für die Partei. Deshalb versuche ich zu vermitteln, was ich eben als Person mache. Wir erleben da – ob das alles immer so gut ist, ist eine andere Frage – eine Amerikanisierung. Nämlich, dass Leute eher Personen, aber auch deren Inhalte und deren Lebensgefühl wählen als eine Partei. Und das merken wir auch. Kanäle von Fraktionen oder Parteien auf Instagram funktionieren zum Beispiel gar nicht.
Generell wird Instagram aktuell immer politischer. Was sagst du dazu?
Brockmeier: Total! Aber ich glaube auch, dass das noch nicht abgeschlossen ist. Was mir auffällt, ist, dass sich viele Influencer nur zu Dingen äußern, bei denen sie meinen, dass dort gesellschaftlicher Konsens herrscht, also zum Beispiel gegen Rassismus oder für Klimaschutz. Wenn du dich dann mal außerhalb der Themen umschaust, findet da relativ wenig statt. Das muss dann schon ein harter Sonderfall sein, wenn sich jemand zur Rentenpolitik äußert.
Ich glaube auch, dass sich das Ganze noch ein wenig mehr amerikanisiert. In Amerika ist das ja total üblich, dass Prominente in der Öffentlichkeit Stellung beziehen. Ich glaube, dass es das vermehrt auch in Deutschland geben wird, weil unsere Generation da einfach politischer ist.
Kurz zusammengefasst: Was möchtest du mit deiner Arbeit auf Social Media erreichen?
Brockmeier: Ich möchte gerne diejenigen erreichen – und das sind aus meiner Sicht vor allem die jungen Menschen –, die die Politik sonst nicht erreichen würde. Weil junge Menschen sich einfach in den sozialen Medien aufhalten und Politik einfach noch nicht die Sprache der jungen Menschen gefunden hat. Gerade in der Generation Z haben wir das ja an verschiedenen Momenten gesehen, zum Beispiel in der Diskussion um den Artikel 13 oder in der Rezo-Debatte. Ich möchte diese jungen Menschen erreichen, um sie erstmal auf Politik aufmerksam zu machen. Und der zweite Punkt, der mir natürlich auch am Herzen liegt, ist, von meinen Ideen zu erzählen und zu überzeugen.
Du hast aktuell rund 6.800 Follower, willst du noch weiterwachsen?
Brockmeier: Meine Reichweite will ich natürlich noch ausbauen. Es sind auch noch einige Dinge geplant. Aber: Politik und Instagram – noch ist das nicht die Plattform, um da ein großer Account zu werden. Da müsstest du schon oberkörperfrei Politik machen und das ist ja nicht Sinn der Sache. -lacht-
[Audio-Auszug aus dem Interview: Einblick in seine Arbeit mit Instagram]
[Beitragsbild: Alexander Brockmeier ist mit 28 Jahren der jüngste Abgeordnete im Landtag NRW. Foto: Kimberly Sondergeld]