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Die Digitalisierung der Hostelbranche

Reisebüros stehen leer, denn für die Urlaubsplanung im digitalen Zeitalter braucht man nicht viel mehr als einen Internetzugang. Informationen können leicht über Homepages und Social – Media Kanäle eingeholt werden. Ein Interview über die Vor- und Nachteile der Digitalisierung für die Hostelbranche.

Von Ksenia Felker

Stell Dir vor, Du fährst nach Berlin für einige Tage. Die Fahrt ist gebucht, der Koffer gepackt – fehlt nur noch die Unterkunft. Als Student/in sucht man sich gerne eine günstige Bleibe und entscheidet sich für eine Übernachtung in einem Hostel. Ein Hostel, das ist eine günstige Unterkunft, die vor allem Mehrbettzimmer anbietet und damit der traditionellen Jugendherberge ähnelt. Die klassische Suche nach einer geeigneten Unterkunft beginnt im Zeitalter der Digitalisierung im Internet – bequem von zuhause aus. Am Laptop, Tablet oder Smartphone. Tippt man in die Suchmaschine „Hostel Berlin“ ein, so werden einem über 100 verschiedene Anbieter angezeigt. Wie entscheidet man sich bei dieser unübersichtlichen Anzahl für eine Unterkunft?

Aller Anfang ist schwer

Eine Möglichkeit besteht darin, sich direkt über die Homepages oder Social – Media Kanäle der Unterkünfte zu informieren. Bei über 100 Anbietern würde es allerdings Stunden dauern sich durch jede Website zu klicken, oft entscheidet dann der erste Eindruck: Wie ansprechend finde ich die Homepage oder wie gut ist das Hostel bei Facebook bewertet?

„Die Entscheidung ein Zimmer oder ein Bett zu buchen ist hoch emotional. Die meisten Gäste haben einen Wunsch ihrer Reise im Kopf und wenn die Internetseite oder die Social – Media – Präsenz dieser Idealvorstellung nahe kommt, beeinflusst dies natürlich die Kaufentscheidung.“ – Christina Schmitt, ONE80° Hostel Berlin

Eine andere Möglichkeit wäre, sich auf Buchungsportalen zu informieren. Unzählige Bewertungsseiten versprechen einem die perfekte Unterkunft zu finden – hat man sich für ein Portal entschieden, geht die Suche weiter. Ein Vorteil dieser Möglichkeit liegt darin, dass viele Unterkünfte auf einmal verglichen werden können. Hostels nach Preisklasse oder Standort filtern, Bewertungen durchlesen, Informationen einholen. Ein mühsamer Prozess, der einem schon mal Nerven kosten kann. Und dann, Du warst schon kurz davor zu kapitulieren, findest Du sie doch, die perfekte Unterkunft.

Fest steht, die Wege der Reiseplanung und -buchung haben sich von ortsgebundenen Reisebüros auf das Internet, und damit auf einen orts- und zeitunabhängigen Raum verschoben. Wie gehen Hostelbetreiber mit diesen Veränderungen um? Über die Chancen und Risiken der Digitalisierung für die Hostelbranche habe ich mit Christina Schmitt, Marketing Koordinatorin des ONE80° Hostel Berlin und Fernanda Thome, Marketing – Managerin des Amstel House Hostel Berlin gesprochen.

Mehrwert durch Facebook & Co.?
Das One80 Hostel Berlin (Foto: Azure Hotel Operations GmbH)

Christina Schmitt ist seit Anfang dieses Jahres für das Marketing des ONE80° Hostels verantwortlich. Dass das Internet für die Hostelbranche immer wichtiger wird, bestätigt mir Schmitt:

  „Meiner Meinung nach ist es gerade für Hotels und Hostels wichtig seine Internet- und Social – Media – Präsenz zu pflegen. Viele Hotels haben allerdings diesen Mehrwert, den die Sozialen Medien uns heutzutage bieten noch nicht verstanden, oder bewerten diesen als nicht wichtig genug.“

Die Digitalisierung hat zu Veränderungen in fast allen Lebensbereichen geführt – die Hostel – Branche habe jedoch etwas länger gebraucht, um sich dem anzupassen, so Schmitt. Die Möglichkeiten des Internets gelten in der heutigen Zeit als grenzenlos. Dass wir von zuhause eine Unterkunft buchen können, verdanken wir der digitalen Technik. Und dass Hostelbetreiber mit nur einer einzigen Homepage tausende von Menschen erreichen, ebenfalls. Auf die Frage nach den Vorteilen der Digitalisierung antwortet Thome:

„Ohne das Internet würde unser Geschäft überhaupt nicht funktionieren, denn so vergrößern wir die Möglichkeit uns in der Öffentlichkeit bekannt zu machen und können unsere Zielgruppe besser erreichen.“

Das Amstel House Hostel Berlin (Foto: Amstel House Hostel)

Fernanda Thome arbeitet bereits seit sieben Jahren für das Amstel House Hostel. Das Internet bietet Hostels demnach nicht nur die Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen, sondern auch mit potenziellen Gästen in Kontakt zu treten. Über den Vorzug von Facebook sagt Schmitt: „Wir sehen die FB-Seite des Hostels quasi als Berlin-Insider-Handbuch.“ Während die Website eher der Information diene, könne man den Besuchern auf Facebook ein Erlebnis bieten. Aber wenn immer mehr Hostels die Vorteile des Internets erkennen, wird es dann nicht noch schwieriger sich von Mitstreitern abzuheben? „Das stimmt, immer mehr Konkurrenten setzen auf Online – Kommunikation. Wir arbeiten daher mit einer SEO – Strategie, die uns einen Rankingplatz auf der ersten Google Deutschland – Seite sichert.“ antwortet Thome. Man profitiere hierbei von der Tatsache, dass die Ergebnisse auf der ersten Seite öfter geklickt werden, als die Ergebnisse der folgenden Seiten. Schmitt stellt hingegen fest: „Langsam aber sicher zeichnet sich sogar ein Trend ab, dass die Google Suchanfragen rückläufig werden, allerdings die innerhalb Facebook und Instagram steigen.“ Soziale Netzwerke dienen immer mehr dem Informationen-Einholen und sind längst nicht nur beschränkt auf private Chats oder Status-Updates, das hat auch die Hostelbranche erkannt.

Auf die Frage, wie oft die eigenen Kanäle bespielt werden antwortet Thome: „Für die einzelnen Social – Media Kanäle muss man die richtige Dosierung für jeden Bereich finden. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: bei zu wenig Posts verliert das Publikum das Interesse und zu viele Posts führen dazu, dass die Leute genervt sind.“ Auch für das ONE80° Hostel geht es um die richtige Balance und vor allem um Qualität statt Quantität.

Nicht alles, was glänzt ist Gold

Buchungsplattformen bewertet Thome kritisch:

 „Sie machen heutzutage einen großen Teil unserer Buchungen aus und sind ein wichtiger Kanal, um direkt mit möglichen Gästen zu kommunizieren. Das Problem mit einigen Seiten ist jedoch, dass die Kommissionen immer höher werden. Deshalb haben wir und viele andere Hostelbetreiber eine Kampagne gestartet, damit die Leute direkt auf unserer Website buchen und wir die Gebühr für die Ratingplattform nicht bezahlen müssen.“

Schmitt sieht die steigenden Kommissionen ähnlich problematisch, jedoch gibt es auch einen großen Vorteil: „Das Gute dabei ist, dass die Bewertungen nur von Gästen gemacht werden, die auch tatsächlich bei uns waren.“

Denn oft stehen Bewertungen im Verruf – die Anonymität ist im Vergleich zum Wahrheitsgehalt hoch. Schmitt erzählt, wie sie mit Negativkommentaren umgeht: „Negativkommentare sind nie schön und vor allem, wenn man schlechte Ratings bekommt, die unserer Meinung nach ungerechtfertigt sind, möchte man schon gerne den Telefonhörer in die Hand nehmen und den Gast fragen, was er sich eigentlich dabei denkt – aber das geht natürlich nicht.“ Thome sieht darin eine Möglichkeit den eigenen Service zu verbessern „Wir nehmen Kommentare, egal ob positiv oder negativ, sehr ernst. Durch die Rückmeldungen auf den Plattformen können wir mehr nachvollziehen, was die Gäste erwarten.“ Beide setzen dabei auf eine konstruktive Auseinandersetzung mit Kommentaren – ob echt oder nicht.

Die Hostelbranche profitiert von den Möglichkeiten des Internets – Präsenz, Vermarktung und Kommunikation wurden auf ein neues, digitales Level gehoben. Aber gerade in einer Großstadt wie Berlin bleibt die Herausforderung weiterhin bestehen, sich von Mitstreitern abzuheben. Dabei sind heutzutage Homepage, Blog und Social – Media Kanäle unverzichtbar. Ich bin gespannt, wie sich die Reisebranche auch in Zukunft neu erfinden und verändern wird.

 

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