Zwischen den Hardcore-Fußballfans, die kein Spiel verpassen und nicht ohne eine Jahreskarte fürs Stadium leben können, und denen, die Fußball gar nicht mögen, gibt es noch die Teilzeitfans. Solche Menschen, die nur zur WM oder EM zum Fan werden und dann mit Leidenschaft die auserkorene Mannschaft anfeuern.
Zu dieser Sorte Fan gehöre ich. Im Prinzip war ich nie ein Fußballfan und fand Sportsendungen im Allgemeinen immer langweilig. An dem Sport an sich lag es nie, schon als Kind habe ich mit Freude zusammen mit meinen Cousins Tore geschossen. Und dass ich ein Mädchen war, stand nie zur Debatte. Selbst in der Schule wurde ich von den Jungs respektiert und musste leider, so manches Mal, im Tor stehen.
Obwohl ich also gerne selbst Fußball gespielt habe, konnte ich es nie fünf Minuten vor dem Fernseher aushalten. Ich wusste nicht, welche Spieler gut waren, wer Trainer war oder wer gerade Weltmeister war. Doch dann packte mich in einem heißen Sommer in Deutschland das Fußballfieber.
Deutschland ein Sommermärchen
Es begann alles in jenem Sommer 2004, als Deutschland zwar nicht Weltmeister wurde, aber das Land von einer Fußballeuphorie ergriffen wurde, die jeden mit sich zog. Es war heiß und ich war im Reiturlaub – ja richtig gelesen – und war fasziniert von dem Lebensgefühl, welches der Fußball hervorrief. Überall waren die Fahnen an den Häusern und Autos. So weit, so gut. Ein Spiel hatte ich bis dahin trotzdem nicht gesehen. Doch dann kam das tragische Spiel Deutschland gegen Argentinien. In einem Gemeinschaftsraum auf dem Hof wurden plötzlich aus pferdeverrückten Mädchen die größten Fußballfans.
Seither verfolge ich die Spiele der Welt- und Europameisterschaft. Nicht immer muss ich die deutsche Mannschaft anfeuern. Es geht mir nicht darum meinen Patriotismus auszuleben, sondern einzig darum, die Freude und das Lebensgefühl mit anderen zu teilen. Als Nebeneffekt konnte ich sogar das ein oder andere über Fußball dazu lernen. Nicht nur die Namen der Spieler und der Trainer sind mir nun bekannt, ich weiß auch, was Abseits ist.
Der Sport bietet uns eine Show, die Elemente verschiedenster Unterhaltungsformen enthält. Die Spieler verkörpern Charaktere, die uns sympathisch sind oder nicht. Die Berichterstattung kann dramatisch sein, lustig oder ernst. Wir werden davon beeinflusst und beeinflussen uns gegenseitig, wenn wir zusammen ein Spiel ansehen. Der Unterhaltungswert wird durch das gemeinsame Ansehen und den Austausch gesteigert. Über die Gespräche lassen sich dann auch Themen verknüpfen, die im Grunde nichts mit dem Spiel gemeinsam haben. Das beste Beispiel dafür ist wohl die Mode, die inzwischen zum Fußball dazugehört.
Ein Fan der Lebensfreude
Als Teilzeitfan bin ich demnach kein wirklicher Fußballfan. Normale Spiele sind für mich nach wie vor langweilig. Doch die Aufregung, die fast jeden im Sommer während einer Meisterschaft packt, ist ansteckend. Fußball bringt uns zusammen. Wir sind plötzlich animiert uns abends zusammenzutreffen, beim Publik Viewing, im Biergarten oder zu Hause, und gemeinsam Spaß zu haben. Gutes Essen und Trinken tragen ihr übriges dazu bei und wir erhalten die Chance, für einige Abende in der Woche dem Alltag zu entkommen. Fußball kann man mögen oder nicht. Sich dem Lebensgefühl entziehen, welches uns alle zwei Jahre im Sommer packt jedoch nur schwerlich und das möchte ich auch ganz sicher nicht mehr missen.