Nachdem sie in Deutschland lange Zeit ausgerottet waren, wurden vor 19 Jahren die ersten Wolfswelpen in Freiheit geboren. Damals wurde dem applaudiert. Doch heute?
Von Nadja Hochholz
Seit der Jahrhundertwende befinden sich in Deutschland wieder Wölfe. Da die EU diese Großraubtiere zu den in Europa besonders gefährdeten Arten erklärt hatte, wurde die Sichtung von Wölfen in Deutschland applaudiert. Doch nun, da sich die Wölfe vermehrt und weiter verbreitet haben, stößt man überall auf Kritik – ein bekanntes Phänomen?
Es erinnert einen im gewissen Rahmen an die Flüchtlingskrise. Erst werden die Flüchtlinge willkommen geheißen, bis kurze Zeit später harte Richtlinien und Obergrenzen gefordert werden, so auch Eckhard Fuhr in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. Schäfer sorgen sich um ihre Schafe, Eltern haben Angst um ihre Kinder. Dazu kommt, dass der Wolf nicht bejagt werden darf…
Sind Wölfe für Menschen gefährlich?
Denkt man an Wölfe, so fallen einem recht schnell die Märchen Rotkäppchen oder der Wolf und die sieben Geißlein ein. Der böse Wolf, welcher Kinder verführt und auffrisst. Doch wie realitätsbezogen ist dies?
Von einem wildlebendem Wolf geht in der Regel keine Gefahr aus. Wölfe sind von Natur aus sehr vorsichtige Tiere, welche normalerweise die Begegnung mit Menschen meiden. Der europäische Wolf ist einer der scheuesten Hunde, weil er seit Jahrhunderten verfolgt wird. Bei einer Begegnung mit einem Wolf sollte man jedoch trotzdem panisches Verhalten oder schnelles flüchten vermeiden, sondern sich ruhig und gelassen zurück ziehen; es handelt sich nun einmal nach wie vor um Raubtiere.
2018 gab es einen Fall, in welchem ein Gemeindemitarbeiter angegeben hatte von einem wolfsähnlichem Tier angegriffen worden zu sein. Dem Biss wurden sieben Proben entnommen und auf DNA-Spuren geprüft – das Ergebnis: keine enthielt einen Nachweis für einen Wolf. Trotz dieser wissenschaftlichen Untersuchungen verbreitete die Bundestagsabgeordnete Karsten Hilse (AfD), dass es sich um einen Wolfsbiss handelte. Seit der Rückkehr der Tiere gibt es also bist jetzt keine Angriffe eines Wolfes auf Menschen.
Wolfsangriffe auf die Nutztiere des Menschen
Die Zahl der Wolfsangriffe auf Nutztiere ist bundesweit stark gestiegen. Die Zahl der Risse stieg gegenüber dem Vorjahr um knapp 66% auf 472 dokumentierte Fälle. Wölfe unterscheiden nun einmal nicht zwischen wildlebenden und den in Menschenhand lebenden Beutetieren. Sie töten zur Nahrungsaufnahme die Tiere, welche sie leicht überwältigen können. Kleinere Nutztiere wie Schafe oder Ziegen sind im Vergleich mit den wilden Huftieren einfache Beute, sofern sie nicht geschützt sind. Dieser Konflikt ist so alt wie die Nutztierhaltung selbst und tritt jetzt mit der Wiederausbreitung der Wölfe wieder auf.
Wozu ist der Wolf gut?
Ich denke, unsere Gesellschaft hat sich so entwickelt, dass sie hinter allem einen Nutzen braucht. Welchen Nutzen hat also der Wolf? Wölfe erfüllen als großer Beutegreifer eine wichtige Funktion im Ökosystem: Beute und Beutegreifer haben sich abhängig voneinander in der Evolution entwickelt. Durch die Ausrottung des Wolfes entstand eine Lücke, die eingespielte Wechselbeziehungen innerhalb des Ökosystems beeinträchtigt hat. Nicht zu Unrecht wird der Wolf als „Gesundheitspolizei“ des Waldes bezeichnet, da er häufig auch kranke und schwache Tiere frisst und somit den Bestand seiner Beutetiere „gesund“ hält. Der Wolf ist im sozusagen der Kollege des Jägers – nicht etwa sein Feind.
Aus Naturschutzsicht ist es jedoch schlicht und einfach aus einem Grund ein Erfolg: Er ist wieder da. Online wird für Artenvielfalt geworben und der Schutz von Elefanten, Giraffen, etc. und die Menschen unterstützen dies? Wieso also sollte dem Wolf diese Unterstützung fehlen?
Wölfe – schützen oder schießen?
Laut dem DBBW hilft der Abschuss von einzelnen Wölfen, wenn überhaupt, nur kurzfristig in besonderen Situationen. Um die Probleme dauerhaft möglichst gering zu halten, hilft es nur, Schafe und Ziegen im Wolfsgebiet flächendeckend zu schützen. Trotzdem wird die Debatte darum, ob Wölfe geschossen werden sollten oder nicht, weiterhin geführt.
Bisher haben Wölfe in Deutschland einen hohen Schutzstatus. Drei Gesetze geben ihm dabei Rückendeckung. Das Internationale Recht bezieht sich auf das Washingtoner Artenschutzabkommen sowie die Berner Konvention, welche Deutschland beide ratifiziert hat. Innerhalb des europäischen Rechts verpflichtet Deutschland sich die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) umzusetzen, in welchem der Wolf besonders geschützt ist. Deutschland ist dadurch verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass Wölfe langfristig einen lebensfähigen Bestand aufbauen können. Die europäischen Vorgaben werden innerhalb des deutschen Rechts über das Bundesnaturschutzgesetz umgesetzt. Dadurch ist der Wolf im gesamten Bundesgebiet streng geschützt.
Doch sowohl die GroKo, als auch die Umweltministerin Svenja Schulze wollen diese Regeln lockern. Im Koalitionsvertrag der Groko wird unter de Punkt der Weidetierhaltung auf den Wolf eingegangen, wie folgt:
Die Weidetierhaltung ist aus ökologischen, kulturellen und sozialen Gründen sowie zum Erhalt der Artenvielfalt und Kulturlandschaft zu erhalten. Im Umgang mit dem Wolf hat die Sicherheit der Menschen oberste Priorität. Wir werden die EU-Kommission auffordern, den Schutzstatus des Wolfs abhängig von seinem Erhaltungszustand zu überprüfen, um die notwendige Bestandsreduktion herbeiführen zu können. Unabhängig davon wird der Bund mit den Ländern einen geeigneten Kriterien- und Maßnahmenkatalog zur Entnahme von Wölfen entwickeln. Dazu erarbeiten wir mit der Wissenschaft geeignete Kriterien für die letale Entnahme. Wir wollen, dass Wölfe, die Weidezäune überwunden haben oder für den Menschen gefährlich werden, entnommen werden.
Svenja Schulze legt eine Gesetzesänderung vor: Lex Wolf. Die Tiere dürften erst dann geschossen werden, wenn folgende Punkte gelten: Die Wölfe überwinden mehrfach Schutzzäune und reißen Herdentiere. Oder sie kommen Menschen zu nahe.
Wie bereits geklärt, gab es seit der Wiederausbreitung der Wölfe keine Menschenangriffe und die Angriffe, welche früher stattfanden, würden heutzutage unwahrscheinlich wieder stattfinden. Weshalb dies also so stark unterstreichen? Ist das nur Panikmache? Das Reißen von Herdentieren ist natürlich ein Faktor, welcher noch immer eine Rolle spielt. Meiner Meinung nach muss die Art und Weise der Nutztierhaltung wieder an die Anwesenheit von Wölfen angepasst werden und nicht anders herum. Dies ist für die Betroffenen zum Teil mit einem Mehraufwand an Arbeit verbunden, wenn etwa verbesserte Zaunsysteme eingesetzt werden, deren Handhabung unter Umständen arbeitsaufwendiger ist. Werden Herdenschutzhunde eingesetzt, müssen auch diese täglich versorgt und kontrolliert werden. Und ich denke, dass dies das eigentliche Problem ist: Arbeitsaufwand und Kosten. Denn zwar gibt es Schadensausgleichszahlungen, jedoch kaum bis keine finanzielle Unterstützung für Präventionsmaßnahmen. Meiner Meinung nach ist das der Punkt, an welchem man ansetzen sollte und nicht der, dass jetzt, wo die Wölfe sich endlich wieder ansiedeln und ausbreiten, minimiert werden sollten.
Falls ihr die Wölfe unterstützen wollt, findet ihr hier einen Link zu einer Petition, gegen den Lex Wolf-Gesetzesentwurf und die Vorhaben der GroKo.
Schreibt uns gerne eure Meinung zu all dem!