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Vielleicht lieber heute (Teil 22): Vom guten Vorsatz zur guten Tat mit der Wandelfibel

Ihr habt euch vorgenommen, 2020 nachhaltiger zu gestalten, aber euch fehlen noch konkrete Ideen zur Umsetzung? Svenja hat mit sechs anderen Kreativköpfen die „Wandelfibel“ entwickelt, die Tipps für ein nachhaltiges Leben bietet. Ich habe mich mit ihr über dieses spannende Projekt unterhalten und gelernt, dass Nachhaltigkeit und Faulheit sich nicht unbedingt ausschließen.

Von Nadine Thomas

MB: Kannst du einmal kurz erklären, was genau die „Wandelfibel“ ist?

Svenja: Die Wandelfibel ist die 3. Auflage der Rückerer*innenfibel. Diese ist damals von ehemaligen Freiwilligen erstellt worden, die im Ausland Freiwilligendienste gemacht haben und sich dann überlegt haben, was sie jetzt mit dem ganzen Gelernten anfangen können. Welche Möglichkeiten gibt es, sich nach dem Freiwilligendienst weiter zu engagieren und das Leben nachhaltiger zu gestalten? Die Verfasser*innen fanden irgendwann, dass die Fibel etwas veraltet ist. Manche Projekte gab es schon gar nicht mehr, dafür gab es ganz viele neue Projekte und neue Themen, die da drin stehen sollten. Da haben wir uns als Gruppe gefunden, sieben Leute, die Lust hatten, noch einmal so ein Projekt zu starten, das Ganze neu aufzulegen. Daraus ist dann die Wandelfibel entstanden.

Svenja mit der Wandelfibel Foto: Nadine Thomas
Svenja mit der Wandelfibel

MB: Wie kamt ihr auf den Namen „Wandelfibel“ ?

Svenja: Wir fanden den Namen „Rückerer*innenfibel“ nicht mehr passend, da sich die neue Fibel nicht nur an zurückgekehrte Freiwillige richten sollte, sondern einfach an alle, die sich für das Thema Nachhaltigkeit interessieren. Und sie ist auf dem Wandelcampus entstanden, daher war dann der Name naheliegend. (Anmerkung d. Redaktion: Der Wandelcampus ist eine Veranstaltung, bei der sich einmal jährlich entwicklungspolitisch interessierte Menschen aus ganz Deutschland treffen und gemeinsam vor Ort neue Projekte erschaffen oder an ihren Projekten weiterarbeiten.)

MB: Du meintest gerade, dass ihr zu siebt an der Wandelfibel gearbeitet habt. War das schwierig, euch zu koordinieren? Wie lange habt ihr konkret an der Wandelfibel gearbeitet?

Svenja: Konkret haben wir ein Jahr an der Wandelfibel gearbeitet. Prinzipiell hat das auch sehr gut funktioniert, weil die Allermeisten schon recht erfahren waren und wussten, wie es ist, in Teams zu arbeiten oder überregional verteilt zu sein und sich nicht regelmäßig treffen zu können. Wir waren bereits vertraut mit Telefonkonferenzen oder bestimmten Online-Plattformen und wussten, wie man diese gut nutzen kann. Aber natürlich ist es trotzdem schwierig. Man muss die Motivation finden, sich hinzusetzen und alleine an einem Projekt zu arbeiten, ohne seine Teammitglieder regelmäßig zu sehen. Aber wir haben uns auch ein paar Mal getroffen und regelmäßig Telefonkonferenzen gehabt und so hat das im Endeffekt ganz gut funktioniert.

MB: Habt ihr bestimmte Wünsche, Erwartungen oder Hoffnungen an die Wandelfibel?

Svenja: Wir wünschen uns, dass die Wandelfibel nicht nur in den üblichen Blasen verbreitet wird. Soll heißen, nicht nur unter Menschen, die sich eh schon stark engagieren, wie zum Beispiel zurückgekehrte Freiwillige. Vielmehr soll sie auch an Menschen verteilt werden, die sich noch nicht so mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt haben. Gerade diese Menschen wollen wir erreichen und dazu zu bringen, sich näher damit zu beschäftigen. Teilweise haben wir das auch schon geschafft, die Fibel wird ja schon verbreitet.

MB: Gibt es etwas, dass du persönlich bei der Erstellung der Wandelfibel gelernt hast?

Svenja: Ich lerne immer noch, wenn ich selber darin herumblättere. Einerseits wie viel es da gibt, wie viel sich ständig tut. Und dann ganz banale Sachen, praktische Ding, beispielsweise haben wir Finanz- und Förderanträge gestellt, um finanzielle Mittel zu bekommen. Solche Dinge habe ich auf jeden Fall gelernt. Auch, mich immer selbst zu motivieren, was ich brauche, um gut arbeiten zu können und was es mir eher erschwert.

MB: Die Wandelfibel hält ja einige Anweisungen und Ideen für ein nachhaltiges Leben parat. Was hat dich bei der Recherche am meisten beeindruckt?

Svenja: Mich hat immer wieder beeindruckt, wie viele neue Themengebiete ständig neu erschlossen werden. Zum Beispiel gibt es jetzt Kinderbücher, die sich jenseits von Geschlechterklischees mit geschlechtergerechter Sprache oder alternativen Lebensformen beschäftigen. Ich habe das Gefühl, dass das gerade ein Thema ist, das immer mehr aufkommt. Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass unsere Generation gerade in das Alter kommt, wo Familiengründung immer eine wichtigere Rolle spielt. Davor waren andere Themen präsent wie zum Beispiel „Wie kann ich meinen Unialltag oder meine WG nachhaltig gestalten? “ oder „Wie kann ich mich neben Uni und Ausbildung engagieren?“. Jetzt ist es noch einmal zukunftsorientierter und geht mehr ins Privatleben. Es geht darum, was man der nächsten Generationen weitergeben möchte.

MB: Gab es auch etwas, dass dich schockiert hat? Irgendein Fakt, auf den du gestoßen bist und dir dachtest: das kann nicht wahr sein!

Svenja: Ich bin immer wieder überrascht darüber, wie viele Dinge, die in meinem Alltag schon so normal sind, vielen teilweise immer noch so unbekannt sind. Aber da bin ich nicht wirklich geschockt. Vielmehr freue ich mich, dass ich etwas habe, das ich weitergeben kann. Aber so in die Extremen ist es nicht gegangen während des Jahres.

MB: In der Wandelfibel gibt es ganz viele Tipps, wie man seinen Alltag nachhaltiger gestalten kann. Vom ökologischen Reisen über das selbstgemachte Deo bis hin zu Podcasts, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz beschäftigen. Hast du einen persönlichen Lieblingstipp?

Svenja: Sich das erste Kapitel „Inspiration für ein zukunftsfähiges Leben“ durchzulesen! Das empfehle ich vor allem Menschen, die gerade anfangen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. In dem Kapitel geht es darum, wie man seinen Alltag zukunftsfähig gestalten kann. Dass es nicht unbedingt darum geht, was man alles tun kann und soll sondern vielmehr darum, was man nicht tun sollte. Also kleine Dinge, die man einfach sein lassen kann. Wie die Plastiktüte zu nehmen, wenn man sich drei Äpfel kauft, sondern diese einfach gar nicht einpackt oder in den mitgebrachten Stoffbeutel legt. Sich nicht die abgepackten Getränke auf dem Weg kaufen, sondern sich etwas von zu Hause mitnehmen, solche Dinge. Viele Dinge, die man einfach sein lassen kann und damit schon mehr geholfen hat, als wenn man sich den Kopf zerbricht, was man jetzt tun muss.

MB: Also in gewisser Maßen Nachhaltigkeit für Faule!

Svenja: Ja, genau!

MB: Zu guter Letzt: wie ökologisch ist die Wandelfibel?

Svenja: Wir haben natürlich versucht, die Herstellung so ökologisch wie möglich zu halten. Die Druckerei haben wir so gewählt, dass die Wandelfibel auf nachhaltig hergestellten Papier gedruckt wurde. Außerdem verschicken wir keine einzelnen Fibeln, sondern immer mindestens drei. Auch weil wir denken, dass wer eine Fibel hat mindestens immer noch ein oder zwei Personen kennt, die auch eine Fibel haben sollten. Auf diese Weise sparen wir auch Transportwege. Und dann gibt es die Wandelfibel natürlich auch zum Download online, so dass gar nicht erst so viel Papier gedruckt werden muss. Wobei man hier ganz klar sagen muss, dass so eine Fibel natürlich viel mehr genutzt wird, wenn man sie in der Hand hat. Das ist immer das Dilemma. Einerseits möchten wir Ressourcen sparen, aber gleichzeitig möchten wir natürlich auch, dass die Fibel genutzt wird. Daher hoffen wir, dass ein gedrucktes Exemplar, welches zwar eine Ressource genutzt hat trotzdem nicht verschwendet ist und mehr Output hat!

MB: Danke dir fürs Gespräch, Svenja!

Neugierig geworden? Die Wandelfibel ist für alle Menschen kostenlos erhältlich (zzgl. Versandkosten). Mehr Infos findest du unter: https://bit.ly/2OxbF9H . Getreu dem Prinzip der Nachhaltigkeit kannst du auch einfach eine E-Mail an Svenja & ihre Mitverfasser*innen schreiben und die Fibel selbst in Bonn abholen.

 

 

 

 

 

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