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Tod von Emo-Rapper Lil Peep: Abziehbild der Generation Instagram Story

Mit nur 21 Jahren stirbt der HipHop Musiker Lil Peep, der Vorreiter einer neuen, jungen Generation Emo-Rapper war, der wie kein Zweiter das Lebensgefühl einer desolaten, sich im MDMA-Rausch verlorenen Jugend transportierte – irgendwo gefangen zwischen Highschoolmobbing und medialer Selbstinszenierung.  Seine Musik und seine Gesichtstattoos sprachen bereits über  ihn, bevor er sich in Interviews zu seiner Depression bekannte und auf seinem Instagram Kanal bunte Pillen schluckte.

von Nils Frenzel

„I’m good, I’m not sick.“ sagt der in Long Island geborene Rapper in die Handykamera, nachdem er seinen Followern auf Instagram mitgeteilt hat, das er 6 Tabletten des Angstlösers Xanax zu sich genommen hat, einer seiner Lieblingsdrogen. Er befindet sich gerad auf Tourstopp in El Paso, Mexico. Er lächelt. Dann endet das Video. Wenige Stunden später ist er tot.

Der Tod als bittere Konsequenz

Im Nachhinein ist es ja immer so einfach mit der Aufbereitung. Wir sehen Filmaufnahmen einer betrunkenen Amy Winehouse, die leer und alleine in einem Raum voller Menschen steht und sich weigert zu singen. Wir hören Chester Bennington auf einer großen Bühne „In the end it doesnt matter“ singen und grölen mit Bierbechern in der Hand fröhlich mit. Dass Künstler oftmals wirklich drogenabhängig sind, wird uns erst nach ihrem Ableben klar – und auch erst dann wirklich bedauert.
Es ist kaum zu beurteilen, ob der Künstler Drogen für sein künstlerisches Schaffen braucht. Warscheinlich nicht. Trotz alledem sind drogenabhängige Künstler*innen für viele Fans so etwas wie moderne Anti-Held*innen.
Körperlich gezeichnet von Drogen und der eigenen künstlerischen Aufopferung, unfähig etwas anderes ausser Kunst zu produzieren, sind sie grelle Sehnsuchtsmotive für alle diejenigen, die brav ihre Steuern zahlen und einer geregelten Arbeit nachgehen. Der Künstler braucht warscheinlich keine Drogen, aber wenn er sie nimmt und uns an seinem Zerfall teilhaben lässt, sind wir ihm insgeheim dankbar dafür.

Betrachtet man das jugendliche, leichtsinnige, verwirrte Handeln von Lil Peep, bürgerlich Gustav Åhr, ist sein Tod bittere Konsequenz. Peep wirkte wie das Abziehbild der Generation Instagramstory, die 24 Stunden lang die Möglichkeit hat sich zu präsentieren und dann wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwindet. Alles was er machte, war egal.
Es gibt ein Videointerview, das Lil Peep mit der GQ geführt hat, was vielleicht am besten symbolisiert mit welchem Selbstverständnis er sich selber begegnet ist.
In dem Clip wird er nach Tattoos gefragt, die am meisten weh getan haben – Peep zeigt alle. Am auffälligsten natürlich: Sein Gesichtstatoo mit der Aufschrift „Get Cake – Die young“ (Wobei Cake hier mit “Kilo of Cocaine” zu übersetzen ist.)
Er erzählt, wie er eines Tages aufgewacht ist und das Tattoo einfach da war und lächelt scheu. Dann zeigt er das Tattoo, das er am meisten mag: Ein hässlich gestochener Micky Maus Abklatsch auf seinem rechten Arm.
Das sei kaputt, genau wie er. Er lächelt wieder scheu.

 

Der junge schnelle Tod der Generation Instagram Story


lil-peepIn diesen wenigen Momenten, in denen Lil Peep nüchtern wirkt, scheint es, als dränge zum ersten mal eine ungefilterte Wahrheit durch das GQ-Videointerview zu uns durch. Das kaputte Kunstwerk  zerlegt sich selber in seine Einzelteile. Die Erkenntnis, die hierbei übrig bleibt ist bitter: Die Tattoos sind egal, das alles hier ist egal. Das hässlichste Tatoo ist am schönsten, wobei das eigentlich auch scheissegal ist. Fuck it.

Mit seiner Musik traf Peep den Zeitgeist einer verlorenen, jungen US-Generation wie kein Zweiter. Über Soundcloud kamen die ersten Tracks, die millionenfach gespielt wurden, dann die Videos, dann ein Album. Um ihn herum bildete sich ein neues Emorap-Subgenre. Melancholischer Rap in VHS-Videoästhetik gebaut mit  Samples von Blink-182 und anderen. Lil Peeps Musik wurde über Nacht zum Sprachrohr einer Jugend, die sich verwirrt und im Drogenrausch in tausendfach gesehen Instagramstorys zeigt und trotzdem einsam ist.
Das letze Bild vor seinem Ableben hat er selber auf Instagram hochgeladen. Es zeigt ihn mit zwei Pillen auf der Zunge.

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One thought on “Tod von Emo-Rapper Lil Peep: Abziehbild der Generation Instagram Story

  1. Der ganze Text erscheint bald wie ein Infragestellen der Art, wie sich Lil Peep zu leben entschieden hat:
    “Das kaputte Kunstwerk zerlegt sich selber in seine Einzelteile”

    Es steht so gut wie nichts über die einmalige Wucht und Qualität der Musik des Ausnahmekünstlers.
    Wer das nicht erfassen kann, dem fehlt die Hauptkomponente in Bezug auf das Daseins Peeps.
    Ja, es ist sehr tragisch, das er so früh starb. Aber es gelang ihm – anders, als fast allen anderen – in der kurzen Zeit seines Lebens der Musik- und Seelenwelt der Menschen solch ein umfangreiches Audio-Geschenk zu machen, das Dekaden-weit seinesgleichen sucht.
    Und diesen Output hatte er eben auch unter diversen Drogen. Möglicherweise waren diese neben den noch viel mehr anderen Einflüssen auf ihn in seinem Leben Kraft genug, um sein Werk und Auftreten zu einer Legende zu machen.

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