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Sonderausgabe Berlin-Exkursion: Ohne Netz nix los – Wann werden die Funklöcher gestopft?

Wenn ich aus dem Fenster meines Kinderzimmers blicke, schaue ich auf Wiesen, Felder und am Horizont auf das Eggegebirge. Es gibt Menschen, die hier Urlaub machen – wenige, aber es gibt sie. Im Urlaub brauche ich ja auch nicht unbedingt guten Handyempfang. Heute ist es ja entspannend nicht erreichbar zu sein – weder telefonisch, per SMS noch über Whats App oder andere Messenger Dienste. Aber hier wohnen auch Menschen und die sind dementsprechend auch kaum erreichbar.

Hier war schon immer alles etwas langsamer, das Land war schon immer etwas hinterher. Wie lange noch ging das Internet aus, weil Mama mal wieder telefoniert hat? Gefühlt waren wir die letzten, bei denen die Technik umgestellt wurde. Und wann kam mal LTE? Bis heute nicht flächendeckend in der Region. Wenn ich hier auf dem Land mit dem Auto fahre und eine Panne habe, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass ich niemanden – außer den Notruf – anrufen kann.

Jetzt, beim 5G-Ausbau, da soll sich alles ändern: Bis 2025 soll das sogenannte Rollout von 5G-Netzen realisiert werden. Zusammen mit dem Ausbau von Glasfaser soll so ein flächendeckendes Gigabit-Netz geschaffen werden. Ob die Ziele erreicht werden können, steht noch nicht fest. Aber warum wurde beim Ausbau des Mobilfunknetzes derartig gepennt oder dieser gar ignoriert? Tankred Schipanski, Bundestagsabgeordneter und digitalpolitischer Sprecher der CDU / CSU gibt zu, dass man den Mobilfunkunternehmen wie der Telekom, Telefónica und Vodafone zu lange freie Hand gegeben habe: „Wir stellen fest, mit Freiwilligkeit geht es nicht“. Jetzt greift der Staat ein.

Tankred Schipanski, netzpolitischer Sprecher der CDU (Foto: Tobias Koch)
Tankred Schipanski, netzpolitischer Sprecher der CDU (Foto: Tobias Koch)

Bund stellt eigene Mobilfunkmasten

Anfang Juni wurden von Union und SPD erste Maßnahmen beschlossen: In Zukunft wird eine eigene Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft gegründet, mit der die öffentliche Hand erstmals den Bau eigener Mobilfunkmasten beauftragen kann. Damit werden aus sogenannten weißen Flecken schwarzen Flecken. Zum anderen legt das EU-Recht fest, dass das lokale Roaming zugelassen werden soll: „Das heißt, wenn ich einen Mast habe und eine Unterversorgung vorliegt, dass auf den Mast, obwohl den beispielsweise die Telekom gestellt hat, O2 und Vodafone mit draufgehen dürfen. Und das wird kommen. Das ist im EU-Recht.“

Für den Verbraucher, für alle auf dem Land, würde das eine deutliche Verbesserung bedeuten. Kaum vorstellbar, dass dann nicht mehr die Frage kommt: „Wer hat hier Netz? Ich müsste mal kurz telefonieren.“ Für den Staat bedeutet das Mehrkosten und für die Unternehmen Wertverluste. Andere sagen, dass ihnen eine weitere Einnahmequelle ermöglicht wird.

Santeri Viinamäki, Mobile phone mast antenna, CC BY-SA 4.0
Santeri Viinamäki, Mobile phone mast antenna, CC BY-SA 4.0

Aus weiß und grau wird schwarz

Im Raum steht momentan die Frage, wie hoch die „Mietkosten“ für die Mobilfunkunternehmen sind. Eine Möglichkeit wäre, dass sich nur Anbieter in fremde Masten einmieten dürfen, die auch selber solche Masten erbauen. Diesen Vorschlag hat der SPD-Finanzminister Olaf Scholz eingebracht. Im Herbst will die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Umsetzung des entsprechenden EU-Kodex für elektronische Kommunikation vorlegen, sodass die Mitgliedsstaaten zur Anordnung des lokalen Roamings verpflichtet werden. Langfristig sollen so aus den grauen Flecken, also dort, wo bislang nur ein Netz zur Verfügung steht, schwarze Flecken werden.

„Bis dahin sind die Netzbetreiber aufgefordert, jede Möglichkeit zu weitgehender Kooperation beim Mobilfunknetzausbau zu ergreifen. Und sollte es bei diesem Verhandlungsprozess zu Verzögerungen kommen, dann muss die Bundesnetzagentur ihre Schiedsrichterrolle konsequent und zügig wahrnehmen“, so Schipanski. Für die Menschen auf dem Land bleibt es weiter spannend wann und wie das flächendeckende Mobilfunknetz endlich kommt. Denn noch sprießen hier die Funklöcher.

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