2015 Aktuelles Juni 2015: Grenzüberschreitung

Mit Pillen über die Leistungsgrenze hinaus

Früh beginnt heutzutage der Leistungsdruck für die Schüler, auch Studenten und Arbeitnehmer sind oft gestresst. Manch einer greift da zu Tabletten, um seine Leistung zu steigern.

Selbst in der Grundschule ist das Lernpensum mittlerweile gestiegen, an den weiterführenden Schulen wird es dann noch einmal mehr. Hinzu kommt der steigende Ehrgeiz, nicht nur der Eltern, nein, oft auch der Kinder selbst. Bei einem so hohen Lernpensum bleibt oft keine Zeit mehr für Freunde oder einfach zum Nichtstun. Immer mehr Kinder leiden unter dem Burn-Out Syndrom, brauchen professionelle Hilfe, um auch einmal abschalten zu können, in Bonn existiert gar eine Klinik für die ganz harten Fälle. Vorbei die Zeiten der faulen Schüler, selbst die Jüngsten erliegen bereits dem Leistungsdruck, wollen immer besser sein als ihre Mitschüler, möglichst die besten Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.

Und in logischer Konsequenz bedeutet das, dass der Stress im Studium noch einmal ansteigt. Ähnlich wie die Schulzeit wurde ja auch das Studium mit der Umstellung auf das Bachelor- und Master-System gestrafft. Das heißt also, dass das Studium mehr Inhalte vorschreibt und den Studenten weniger Wahl lässt, nach eigenen Interessen die Veranstaltungen zu besuchen. Das eigentliche Arbeitspensum hat sich nicht gesteigert, dafür aber geht im Bachelor jede einzelne Note in die Abschlussnote ein, was das Stressempfinden der Studenten steigert. Neben guten Noten sind heute auch Auslandsaufenthalte und Praktika essentiell, denn die Prognosen auf dem Arbeitsmarkt stürzen die Studierenden in Zukunftsängste, die ihrerseits wieder Stress auslösen. In der Tat klagen gut 75% der Studenten in NRW über Stress.

Besser durch Tabletten?

Bei so viel Arbeit und Stress ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Studenten zur Therapie gehen und so mancher ein bisschen nachhilft und das ein oder andere Mittel schluckt, um sich selbst zu Bestleistungen zu pushen. Ritalin beispielsweise ist recht beliebt, macht es die Studenten doch leistungsfähiger. Eigentlich ist Ritalin unter anderem für ADHS-Patienten gedacht, damit diese sich besser konzentrieren können, es wird jedoch von immer mehr von Schülern und Studenten genutzt.

5% der Studierenden in Deutschland gibt an, bereits leistungssteigernde Mittel genutzt zu haben, 1% davon Ritalin. Ritalin unterdrückt Impulse wie Hunger und Durst, aber auch alle Ablenkungen der Umwelt, einschließlich sozialer Kontakte. Nutzlos ist es damit nur bei Fächern, die Kreativität erfordern, da auch diese unterdrückt wird. Trotz Kritik an Ritalin hat sich der Verbrauch in den letzten zehn Jahren verdreizehnfacht. Auch Modafinil, Betablocker und Antidepressiva zählen zu den verschreibungspflichtigen Medikamenten, die von Studenten und Arbeitnehmern zur Leistungssteigerung missbraucht werden.

Mittlerweile sind es nicht mehr nur die Studierenden, die Aufputschmittel nutzen. Knapp drei Millionen Arbeitnehmer gebrauchen alleine in Deutschland allerlei verschreibungspflichtige Pillen um am Arbeitsplatz bestehen zu können und dem Konkurrenzdruck gewachsen zu sein – nachdem dies im Studium oft schon funktionierte, führt so manch einer das System im Arbeitsalltag einfach weiter fort. Ritalin, beispielsweise, ist längst verschreibungspflichtig, es kann abhängig machen, soll Depressionen und Übelkeit verursachen. Doch dies hält längst nicht alle von der unsachgemäßen Nutzung ab. Der Trend stammt aus Amerika, in Deutschland ist er erst seit jüngster Zeit bekannt. Bleibt zu hoffen, dass die deutschen Studenten sich lieber mit Kaffee anstatt mit Ritalin pushen.

Ein Studium sollte auch genossen werden!

Schal bleibt der Beigeschmack dennoch. Denn wer soll Jobanforderungen, die Berufserfahrung, abgeschlossenes Master-Studium, absolvierte Praktika, Auslandsaufenthalte und eine Altersobergrenze von 25 Jahren fordern, einhalten können? Jene, auf die dies zuträfe, wären wohl hochbegabt oder hätten sich so sehr aufs Lernen konzentrieren müssen, dass sie nie Zeit für Freundschaften gehabt hätten, was nun wirklich traurig gewesen wäre. Immerhin wird die Zeit des Studiums oft als die schönste Zeit des Lebens und die große Freiheit mit der Möglichkeit, alles auszuprobieren betrachtet – diese Möglichkeit sollte man sich nicht so früh schon durch Leistungsdruck verderben lassen.

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