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Die Schauspielgruppe Theater Rampös zeigte Les Liasions dangereuses – Gefährliche Liebschaften

Wie interpretiert die Gruppe den Stoff über Macht und Intrigen und kann ihre Performance damit überzeugen? Sollte man bei den kommenden Vorstellungen von Theater Rampös dabei sein? Im Beitrag findet ihr die Antworten.

von Gerriet Scheben

Vom 15. bis zum 18. Februar 2019 bespielte die Gruppe Theater Rampös, unter der Regie des Mitbegründers Markus Weber, die Theaterbühne der Brotfabrik. Das Stück entspringt der gleichnamigen Buchvorlage des Autors Pierre-Ambroise-François Choderlos de Laclos. Der Stoff des Buches wurde unter anderem unter dem Namen Eiskalte Engel verfilmt, in dem es zu der bekanten Kussszene zwischen Sarah Michelle Gellar und Selma Blair kommt.

Fotografie von Herand Müller-Scholtes
Fotografie von Herand Müller-Scholtes

Inhaltlich geht es grob darum, dass Madame de Merteuil (gespielt von Inga Leske) sich an einem ehemaligen Geliebten rächen möchte, indem sie seine versprochene Verlobte (Leonie Kienzle) korrumpieren will. Hierzu spannt sie Vicoment de Valmont (Benjamin Schmäling) ein, der diese verführen soll. Ausgehend von de Merteuil und de Valmont entfaltet sich ein Netz aus Intrigen und Machtspielen.

Zu Beginn und nach der Pause wird fließend in das Stück übergeführt. Anfänglich singt Madame de Volanges (Anna Haas) spielerisch zu begleitender Klaviermusik und im zweiten Teil sieht man bei Betreten des Raumes schon die angeleuchtete Madame de Tourvel (Anneke Bremer). Die musikalischen Zwischenspiele fügen sich im gesamten Stück passend ein.

Die Bühne ist schlicht aufgebaut, mit verschiedenen Ebenen in einem dominanten schwarzen Grundton. Es finden sich weiße und graue Elemente, passend zu der dargestellten verdorbenen Welt, die nur in kurzen Augenblicken von Moral, Anstand oder zumindest Zweifeln durchdrungen wird. Über den unteren Ebenen befindet sich eine Ebene mit Matratze. Hierin drückt sich Lust und Sexualität aus, die den Handlungen übergeordnet zu sein scheint. Auf der höchsten Ebene thront oftmals die Antagonistin de Merteuil, als Verkörperung der bösartigen Intrigen, die den größten Einfluss ausüben. Auf der linken Seite (der Herzseite aus Sicht der Akteure) steht selten Madame de Tourvel auf der höchsten Ebene, welche als unschuldiger Gegenpart kurze Momente des aufblitzenden Anstandes andeutet. Das Bühnenbild ist zudem gesäumt von grünen Flaschen, die gern und oft in das Schauspiel eingebunden werden, sodass es mitunter ziemlich feucht-fröhlich auf der Bühne zugeht. Champagner wird dabei spöttisch als Allzweckwaffe präsentiert.

Fotografie von Saskia Bazarnow
Fotografie von Saskia Bazarnow

Das Bühnenspiel ist handlungsreich. Das Hauptaugenmerk wird häufig von obszönen Gesten und Positionen der Schauspieler beansprucht. Die Darstellungen sind dabei derb, aber nicht geschmacklos. So sitzt beispielsweise zu Beginn des Stücks die unschuldige Cecile breitbeinig zum Publikum gewandt, um zu zeigen, dass sie sich ihrer Geschlechtlichkeit noch nicht bewusst ist.

Ein farbliches Konzept wird auch gelungen im Rahmen der Kleidungsstücke der Schauspieler aufgegriffen. Diese sind hauptsächlich in weiß, grau und schwarz gehalten. Der Jumpsuit von Madame de Merteuil ist komplett weiß und de Tourvels Kleid schwarz, eine Umkehrung des eigentlichen Charakters der Figuren, die in ihre Selbstdarstellung gefärbt werden. De Valmonts grauer Anzug, wechselt zu einer grauen Hose mit weißem Hemd und am Ende ist er oberkörperfrei. Das spiegelt seine Verbundenheit zu beiden Frauen und sein agieren in einer Grauzone zwischen intrigantem und aufrichtigem Verhalten wieder, was letztendlich in der Entblößung seiner wahren Gefühle gipfelt.

Während des Stücks werden de Tourvel und de Valmont auf dem Köper beschriftet und drei Prostituierte beschriften sich selbst. Damit wird ihnen ein Objektcharakter zugeschrieben. Sie werden als Instrumente zur Lusterfüllung missbraucht.

Die Schauspieler haben eine unverkennbare Chemie miteinander, sodass es Spaß macht ihren Interaktionen zuzuschauen. Das spöttische Lächeln der Akteure überträgt sich dabei wiederholt auf das Publikum. Die Sprache des Stücks ist wie die körperlichen Darstellungen passend zum Stoff sehr doppeldeutig gehalten, was in der Dichte manchmal fast etwas viel erscheint.

Es gibt allerdings viele einprägsame, provokante Motive, die positiv hängen bleiben. Der Intellektuelle, der an einer Hundeleine geführt wird oder eine Prostituierte, die während des Aktes als Schreibunterlage verwendet wird sind nur eine kleine Auswahl hiervon. Die Inszenierung geht an die Grenzen des Geschmacks, aber reizt diese zumutbar aus. Der Stoff wird dementsprechend innovativ, modern aufbereitet, aber bleibt dem Original treu – die schockierende Form ergänzt also den schockierenden Inhalt.

Fotografie von Herand Müller-Scholtes
Fotografie von Herand Müller-Scholtes

Das Theater war in der letzten Vorstellung komplett voll und es gab einen tosenden, langanhaltenden Applaus. Es wurde im Anschluss darauf verwiesen, dass im Juni 2019 das nächste Mal ein Doppelfeature von Theater Rampös aufgeführt werde. Eines der beiden Stücke ist die erste Eigenproduktion der Gruppe. Wer also Lust auf kreative, durchdachte und moderne – aber nicht zu moderne, Schauspielkunst hat, der kann sich online unter den nachfolgenden Links weiter informieren.

Webergps.wixsite.com/rampoes

Facebook.com/theathergrupperampoes/

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