2015 November 2015: Veränderung

Das erste Semester – Fächerwahl, Saufen, Selbstfindung

In allen Unistädten des Landes sieht man zur Zeit wieder aufgeregte Erstis herumschwirren. Kein Wunder, dass sie so aufgwühlt sind: In ihrem Leben passiert gerade einiges. Und das ist mehr als die Änderung von Adresse und Ausbildungsstatus.

Jeder Student erinnert sich gerne und mit verwegenem Grinsen an diese ungewisse, geniale, reizüberflutende Zeit. Man war neu in der Stadt, an der Universität und konnte sich vor lauter neuen Namen, Kneipentouren und verwirrenden Stundenplänen kaum retten. In der Anfangsphase wird man mit so vielen Veränderungen konfrontiert, dass es schwer fällt, alles zu reflektieren. Es kommen teils enthusiastische, teils ernüchternde Momente, in denen sich der ein oder andere darüber klar wird, in welche Richtung sich das eigene Leben gerade entwickelt. Was man sich davon erwartet und welche Veränderung man aufhalten oder vorantreiben möchte.

Nachdem die Unizusage in den heimischen Briefkasten geflattert ist, beginnt bei den Meisten die WG-Suche, die sich je nach Stadt unterschiedlich stressig gestaltet. Wurde dann endlich ein mehr oder weniger luxuriöses Dach über dem Kopf gefunden, geht das Möbelschleppen los und schon ist man auf sich allein gestellt. Das neue Zimmer scheint so unbewohnt und steril, auch mit den Mitbwohnern muss man erstmal warm werden. An den Gedanken, dass diese Wohnung jetzt ein selbstgewähltes, neues Zuhause ist, kann man sich erst langsam gewöhnen.

Neue Leute, neue Herausforderungen und noch mehr Leute

Dann steht auch schon der erste Tag der Ersti-Woche an, an dem sich wohl die meisten von uns ein bisschen nervös, ein bisschen vorfreudig und ein bisschen verwirrt auf den Weg zur Uni gemacht haben, um dort auf hunderte anderer Leute zu treffen, denen es genau so ging. Ab nun beginnt der Wahnsinn des ersten Semesters. Jeder mag eine subjektive Sicht und Erfahrung haben, aber diese anfangs unglaublich dichte Gleichzeitigkeit der Ereignisse und Erlebnisse scheint neben der leichten Überforderung vor allem Euphorie, Inspiration und jede Menge Spaß mit sich zu bringen.

Als Ersti muss man sich mit Stundenplänen und gewöhnungsbedürftigen Uni-internen Kommunikationsplattformen herumschlagen. Mit Dozenten, die glauben, man hätte nur ihr Seminar belegt sowieso kein Interesse an Freizeit oder Freunden. Andererseits ist man (im besten Fall) beeindruckt vom Potenzial und den Möglichkeiten des eigenen Faches. Bekommt gleich Lust, den ersten Text zu verschlingen oder die erste Gleichung zu lösen. In gefühlt jeder Pause zwischen den Veranstaltungen lernt man mindestens eine neue Person kennen. Während der Ersti-Woche kann es auch schon mal passieren, dass man sich in einem Kreis wieder findet, in dem einem gerade noch der Name einer einzigen Person einfällt.

Du bist nett, aber wer bist du eigentlich?

Nach dem ersten Anfangstrubel beginnt sich jedoch schon heraus zu kristallisieren, wer das Potenzial zu „best buddies“ hat und mit wem man irgendwie nicht auf gleiche Wellenlänge kommt. An diesem Punkt setzen im Rückblick zwei weitere Veränderungen ein. Man baut einen neuen Bekanntenkreis auf, der nichts mit den Freundschaften aus der Heimat zu tun hat, und der sich außerdem noch ziemlich von diesem unterscheidet. Mit diesen Menschen teilt man andere Erfahrungen, geht auf andere Partys, verirrt sich zusammen in der unbekannten Stadt und lebt „das Studentenleben“.

Man führt andere Gespräche, weil man es mit anderen Charakteren zu tun hat, die andere Dinge erlebt haben. Und darin kann die nächste Veränderung erfahren werden; In so mancher Unterhaltung (ob freundschaftlich, philosophisch, alkoholgetränkt oder alles zusammen) lernt man ganz andere Einstellungen, Sicht- und Lebensweisen kennen. Die eigenen beginnt man zu hinterfragen, hält an ihnen fest oder lässt sich (gewollt oder unbemerkt) beeinflussen.

Weite Sicht, neue Möglichkeiten – und ein vertrautes Zuhause-Gefühl

Wenn sich der eigene Horizont nicht gerade durch gewisse Bekanntschaften, Uni-Dozenten oder „Konsumgüter“ erweitert, kann das auch durch freiwillige und kulturelle Angebote der Uni oder der Stadt geschehen, von der Fachschafts-Party über studentische Initiativen bis zur innovativen Museumsausstellung.

Indem man alle diese Erlebnisse unter einen Hut und in ein Marmeladenglas gestopft bekommt, verändert man sich im Grunde vielleicht nicht selbst. Aber man erweitert seine Handlungsspielplätze und -räume und wird (noch) ein Stück selbstständiger. Zuhause und Heimat gewinnen eine neue, eine andere Bedeutung. Am Anfang vielleicht noch unvorstellbar, bekommt man nach einiger Zeit das Gefühl, ein zweites Zuhause gefunden zu haben, das immer mehr zum ersten wird. In die Heimat kehrt man umso lieber für eine Auszeit zurück, weil es nicht mehr selbstverständlich ist, von Mutti umsorgt zu werden und einen mühelos gefüllten Kühlschrank vor der Nase zu haben. Schwierigkeiten sind im ersten Semester wie bei jedem Neuanfang vorprogrammiert, und auch im zweiten und dritten läuft bestimmt noch nicht alles glatt. Sie mit mindestens genau so viel Vergnügen zu kompensieren, fällt aber nicht allzu schwer, denn die nächste Party kommt bestimmt!

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