2016 April 2016: Humor

Bis uns das Lachen im Hals stecken bleibt

Wir lauschen den Politikern und lachen über die Comedians – sollte es so nicht sein? Doch mehr und mehr scheint sich dieses Verhältnis zu verschieben, scheinen wir über Politiker zu lachen und den Comedians aufmerksam zuzuhören.

Politikverdrossenheit ist eine Problematik, mit welcher aktuell viele Länder zu kämpfen haben. Nicht nur in Deutschland sind die Wahlbeteiligungen seit Jahren niedrig, oft fehlt das Vertrauen in Politiker und deren Handlungen. Und während die Politiker somit um ihre Zuhörer kämpfen müssen, haben diese sich längst anderen, höchst ungewöhnlichen Informationsquellen zugewandt: Kabarettisten.

Politische Satire-Sendungen erfreuen sich seit Jahren steigender Beliebtheit. In Sendungen wie der Heute-Show oder Extra3 werden den Zuschauern Informationen in Nachrichtenform von wechselnden Comedians präsentiert. Dies immer auf unterhaltsame Art und Weise, freilich. Oft regen die Inhalte aber auch zum Nachdenken an oder machen auf Sachverhalte aufmerksam, die es womöglich nicht in die 20 Uhr Nachrichten geschafft haben. So mancher Politiker musste bei solchen Inhalten schon schwer schlucken. Dabei steht bei diesen Sendungen der Unterhaltungswert immer im Vordergrund.

Wo der Spaß aufhört

Anders sieht es da schon bei Formaten wie Die Anstalt oder Mensch, Sieber! aus, welche sich in jeder Sendung einer bestimmten Thematik widmen, die dann mit verschiedenen Gästen aufbereitet und von unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet wird. Dabei setzen die Kabarettisten auf Humor – und trotzdem bleibt dem Zuschauer manches Mal das Lachen im Hals stecken. Und zwar, wenn ihm bewusst wird, dass die Formulierung zwar zum Schmunzeln animiert, der Sachverhalt tatsächlich aber derart ernst ist, dass man darüber nicht lachen sollte, sondern sich schleunigst politisch engagieren müsste, um das ein oder andere in der Welt zu verbessern.

Auch in den USA ist der Engländer John Oliver mit seiner wöchentlichen Sendung Last Week Tonight mit diesem Konzept sehr erfolgreich und das über Landesgrenzen hinaus. Wie seine deutschen Kollegen setzt er sich in humorvoller Weise mit wichtigen, politischen Themen auseinander, informiert und unterhält gleichermaßen.

Die gegenteilige Strategie verfolgt in Italien Beppe Grillo, der als Komiker die Partei Movimento Cinque Stelle gründete und mit dieser Oppositionspolitik betreibt. Grillo erhielt dabei trotz seiner Erstkarriere als Comedian ausreichend Stimmen, um sich politisches Gehör zu verschaffen.

Humor als Politikum

Ähnliches wie Grillo muss sich wohl auch Martin Sonneborn gedacht haben, als er seine Satire-Partei Die Partei gegründet hat, deren Forderungen jedoch weit weniger ernst gemeint sind. Dabei müssen Komiker längst nicht mehr gleich eine eigene Partei gründen, um sich politisches Gehör zu verschaffen. Ihre Sendungen erzielen hohe Zuschauerquoten und stoßen so manche Diskussion an. Wenn Politiker als Gäste ihre Einladung annehmen und in der Heute-Show mit Gastgeber Oliver Welke diskutieren,  wenn Politiker wie Donald Trump Oliver und seine Show Last Week Tonight als Bedrohung wahrnehmen und wenn der türkische Präsident Erdoğan gar ein satirisches Video verbieten lassen möchte, dann sind die Sendungen im Zentrum politischer Aufmerksamkeit angekommen. Sie sind in der Lage, Einfluss auf die Politik zu nehmen. Fragt sich nur, wo dann die Politiker stehen.

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