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30 Jahre Bonn University Shakespeare Company: Sommeraufführung der BUSC zeigt wie es nach „Hamlet“ geisterhaft weitergeht

In der modernen Aufführung von „Hamlet“ namens „Rosencrantz & Guildenstern – A Ghost Story“ wird die wohl bekannteste Rache-Story der Theatergeschichte humorvoll weitererzählt. Kann die Shakespeare-Parodie überzeugen?

Unter der Regie von Sepideh Tafazzoli wird in der Brotfabrik in Beuel vom 8. Bis zum 15. Juli ein Spukschloss mit einigen rastlosen Geistern heraufbeschworen. Ihre Version der Parodie „Rosencrantz and Guildenstern, A Tragic Episode, in Three Tabloids“, des Dramatikers W.S.Gilbert aus dem Jahr 1874, zeigt wie sich die erdgebundenen Seelen nach dem tragischen Ende von „Hamlet“ aus einer Endlosschleife befreien können.

R.I.P Shakespeare

Das Bühnenbild rahmt noch vor dem Beginn das Setting des Stücks in einer gespenstischen Zwischenwelt. Grabsteine mit Namen der Figuren aus „Hamlet“, aber auch Romeo und Julia – im Tode vereint, stehen zumindest ihre Ruhestätten kuschlig nah beieinander – und der Grabstein des Großmeisters Shakespeare himself, sind ansehnlich um die Spielfläche herum platziert.

Auf dem Boden der Bühne sind Linien in einem Schachbrettmuster zu erkennen, das auch auf dem Hintergrund der ausgehändigten Flyer zu sehen ist. Hierauf bewegen sich die Geister der Verstorbenen rund um Rosencrantz und Guildenstern fremdbestimmt und in festen Bahnen wie Spielfiguren, deren Geschicke im Nachhall der Lebzeiten zur Wiederholung gezwungen sind.

A Stage Design to Die For

Den Großteil des Stücks wird suggeriert, dass die Hauptfiguren die Spielfläche nicht verlassen können. Dabei fügt sich der Spielfiguren-Aspekt sehr passend in den dekonstruktiven Charakter des Stücks – dazu gleich mehr.

Rosencrantz (Sabina Kukuk) fängt Münzen von Guildenstern (Thomas Pähler), die immer auf Kopf landen. CR @ Christoph Lahusen

Der Hintergrund besteht aus zwei aus- und einklappbaren Stellwänden, die einerseits eine Friedhofsmauer und andererseits das Innere des Spukschlosses, mit einer Bibliothek, verbildlichen. Zwischen den Wänden befindet sich zentral eine rote Tür, die symbolisch blutfarben aufgeladen ist. Auf der Bühne setzt ein Thron, bemalt mit einem roten Kreuz, einen visuellen Schwerpunkt, der sich abgestimmt auf die rote Tür und treffend zu der zu vergeltenden Blutschuld des Stücks einfügt.

Death Becomes Them

Neben dem Bühnenbild überzeugt auch das Kostümdesign auf ganzer Linie. Die shakespearesche Bekleidung der Figuren ist in matten Tönen passend zu deren geisterhaften Dasein gestaltet. Dennoch werden farbliche Akzente gesetzt, wie das lilafarbene Outfit des trotteligen Hamlet-Geists.

In diesem Stück sind die anderen Figuren genervt von Hamlets (Clara-Sophie Bibow) Selbstgesprächen. CR @ Christoph Lahusen

Außerdem sind die Geisterfiguren nicht nur bleich geschminkt, sondern mit ihrer jeweiligen Todesursache versehen. Hierdurch wird die Lage der Figuren betont und eine weitere Detailebene in das Masken- und Kostümbild eingebracht.

Im Kontrast hierzu stehen die comicartigen Geister in Laken, die unterhaltsam und auflockernd für den Wechsel der Hintergrundwände genutzt werden. Das wird im Laufe des Stücks etwas repetitiv, aber zahlt sich allein schon in eine herrlich albernen Tanznummer der Cartoon-Geister gegen Ende des Stücks aus.

Spooky! CR @ Christoph Lahusen

„ Well-known Characters in a Different Setting “

Eine Schwäche des Stücks liegt meiner Meinung nach in dem Wissensvorsprung des Publikums. Dabei kann sich der Weg hin zur Erkenntnis der Figuren, bereits tot zu sein, stellenweise etwas ziehen. Hiergegen kann ein Zitat der Regisseurin aus dem Programmheft angeführt werden, in dem sie sagt: „I quite love the idea of exploring well-known characters in a new or different setting. In my opinion, as with many famous characters, what they do or how they react in a certain situation becomes more important than the plot itself in some instances.“

Für mich trägt des Versetzten und Austesten der bekannten Figuren das Stück nicht vollständig. Das ist aber nicht dem tollen Schauspiel des Ensembles geschuldet. Besonders Rosencrantz und Hamlet treffen einen seltenen Ton mit ihrem Overacting im Kontext der Parodie auf Hamlet, Shakespeare und Theaterkultur und gleichen das teilweise fehlende Tempo damit aus.

My Precious

Das Stück ist vollgepackt mit Shakespeare- und Popkulturreferenzen ohne dabei überladen zu sein. Es glänzt besonders in den Momenten, in denen Theatralik parodiert wird, wie bspw. bei dem Unterbrechen des Monologs To Be or Not to Be. Sehr nett sind auch die eingestreuten Durchbrechungen der vierten Wand sowie das Spiel mit dem Licht auf Aufforderung der Figuren hin.

Mit „Rosencrantz & Guildenstern – A Ghost Story“ bringt die BUSC zum dritten Mal in ihrem diesjährigen 30-jährigen Bestehen „Hamlet“ auf die Bühne und schafft es mit einem tollen Bühnenbild, grandiosen Kostümen und wunderbar überzogenem Schauspiel zu überzeugen.

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